Drei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters sind nach eigenen Angaben im Irak von US-Soldaten geschlagen und zudem sexuell und religiös erniedrigt worden. Die Männer berichteten am Dienstag, zu den Misshandlungen sei es im Jänner auf einem Armeestützpunkt nahe Falluja gekommen. Sie hätten zunächst Reuters informiert und sich erst entschieden an die Öffentlichkeit zu gehen, nachdem das US-Militär die Vorwürfe zurückgewiesen hatte. In den vergangenen Wochen hatten Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten im Abu-Ghraib-Gefängnis bei Bagdad international Empörung ausgelöst.

Zwei der Reuters-Mitarbeiter schilderten, sie hätten sich einen Finger in den Anus stecken müssen und diesen anschließend ablecken müssen. Zudem seien sie gezwungen worden, Schuhe in den Mund zu stopfen, was in der arabischen Welt als besonders erniedrigend gilt. Alle drei berichteten, sie seien zu erniedrigenden Gesten gezwungen worden, während US-Soldaten sie ausgelacht und verhöhnt hätten. Die Soldaten hätten Fotos von den Vorgängen gemacht. Wegen der demütigenden Art und Weise der Misshandlungen hätten sie zunächst nicht an die Öffentlichkeit gehen wollen, erklärten die Reuters-Mitarbeiter.

US-Militär: Keine Beweise

Das US-Militär teilte in einem Bericht mit, es gebe keine Beweise dafür, dass Reuters-Mitarbeiter gefoltert oder misshandelt worden seien. Am Montag ging bei Reuters zu dem Vorfall ein auf den 5. März datierter Brief des Oberbefehlshabers der US-Armee im Irak, General Ricardo Sanchez, ein. Seiner Einschätzung nach seien die Untersuchungen "gründlich und objektiv" gewesen und die Ergebnisse korrekt, hieß es darin. Reuters Nachrichtenchef David Schlesinger hat mit Verweis auf die im Mai bekannt gewordenen Vorgänge in Abu Ghraib das US-Verteidigungsministerium zu einer erneuten Überprüfung der Vorwürfe aufgefordert.

Die Reuters-Mitarbeiter berichteten, zu den Misshandlungen sei es auf dem Stützpunkt Volturno nahe Falluja gekommen. US-Soldaten hatten die Männer am 2. Jänner festgenommen, als diese über den Abschuss eines US-Armeehubschraubers berichten wollten. Der Kameramann Salem Ureibi, der freiberufliche TV-Journalist Ahmad Mohammad Hussein al-Badrani und ihr Fahrer Sattar Jabar al-Badrani waren am 5. Jänner ohne Anklageerhebung wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Schlafentzug, um Verhöre zu beschleunigen

"Als ich die Fotos aus Abu Ghraib sah, musste ich weinen", sagte Ureibi am Dienstag. "Ich sah, dass sie genauso leiden mussten wie wir". US-Soldaten hätten ihm gesagt, dass sie Sex mit ihm wollten, woraufhin er Angst bekommen habe, vergewaltigt zu werden.

In einem Untersuchungsbericht von Ende Jänner hieß es, es seien "keine spezifischen Fälle von Misshandlungen" ermittelt worden. Die für die Gefangenen zuständigen US-Soldaten seien angehört worden und hätten unter Eid Stellung nehmen müssen. "Keiner berichtete über physischen Missbrauch oder Folter beziehungsweise räumte diesen ein", hieß es. Die Gefangenen seien allerdings absichtlich Stress ausgesetzt worden, darunter Schlafentzug, um die Verhöre zu beschleunigen. Das US-Militär hat die drei Reuters-Mitarbeiter nicht angehört. Schlesinger hatte im Februar die Untersuchung als völlig unangemessen bezeichnet und gefordert, den Fall erneut zu prüfen.

Die Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten in Abu Ghraib waren erst in diesem Monat öffentlich bekannt geworden. Ein Untersuchungsbericht von US-General Antonio Taguba kam zu dem Ergebnis, dass in Abu Ghraib mehrere Gefangene auf sadistische, eklatante und kriminelle Weise missbraucht worden seien. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war nach Bekanntwerden der Misshandlungen erheblich unter Druck geraten. Sieben US-Soldaten müssen sich wegen der Vorwürfe verantworten. Eine erste Anhörung vor einem Kriegsgericht ist am Mittwoch geplant. (APA/Reuters)