Wien - Regierung und Opposition haben sich in der Nacht auf Mittwoch auf die wesentlichen Eckpunkte des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes geeinigt: Damit ist der Weg zu einem gemeinsamen Beschluss im Nationalrat frei. Die Einigung erfolgte in einer knapp zwölfstündigen Verhandlungsrunde im Parlament, bestätigten die Verhandlungsteilnehmer. Für Mittwochvormittag ist eine gemeinsame Presseerklärung der vier Parlamentsparteien geplant.

Tierschutzombudsmann

Die Einigung der vier Parlamentsparteien sieht noch einige Änderungen an der Regierungsvorlage zum Tierschutzgesetz, insbesondere bei der Käfighaltung und beim Tierschutzombudsmann vor. Letzterer soll zwar nicht (wie von der Opposition gefordert) Tierschutzanwalt heißen, dafür wird er aber Parteienstellung erhalten und weisungsfrei sein.

Batteriehaltung ab 2009 verboten

Die Batteriehaltung von Legehennen wird wie geplant ab Anfang 2009 verboten, allerdings werden vom Verbot auch so genannte ausgestaltete Käfige erfasst. An Stelle der Käfighaltung sollen jedenfalls bessere Systeme (z.B. Volieren oder Bodenhaltung) treten, als sie derzeit zur Anwendung kommen. Für Betriebe, die bereits auf ausgestaltete Käfige umgestiegen sind, gibt es eine 15-jährige Übergangsfrist.

Mehr Kontrollen, obwohl sich nichts ändert

Unverändert bleibt, dass zwei Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe jährlich kontrolliert werden sollen. Neu vereinbart wurde allerdings, dass in diese Zahl die bereits bestehenden Qualitätskontrollen, die Schwerpunktkontrollen, Kontrollen auf Grund von Anzeigen sowie Nachkontrollen nicht eingerechnet werden sollen. Damit würde sich der Prozentsatz der kontrollierten Betriebe laut FP-Verhandler Klaus Wittauer auf 16 Prozent erhöhen.

Anbindehaltung von Rindern

"Nicht wahnsinnig viel getan" hat sich laut SP-Umweltsprecherin Uli Sima bei der dauernden Anbindehaltung von Rindern (hier sind nach wie zahlreiche Ausnahmen von den vorgesehenen 90 Tagen Auslauf pro Jahr vorgesehen). Gänzlich verboten soll diese Haltungsart allerdings bei Pferden und Ziegen werden (fünf Jahre Übergangsfrist).

Hundewelpen

Verboten werden soll auch das Halten von Hundewelpen in Tierhandlungen (weiterhin möglich bleibt den Tierhandlungen aber die Vermittlung der Welpen vom Züchter an den Kunden). Außerdem ist ein zweijährlicher Tierschutzbericht an das Parlament vorgesehen. In der Abrichtung von Hunden dürfen keine Elektroschocks und Stachelhalsbänder mehr eingesetzt werden.

SPÖ wird zustimmen

SP-Tierschutzsprecherin Ulli Sima kündigte an, ihre Fraktion werde dem Tierschutzgesetz nun zustimmen. Die Zustimmung der SPÖ zu dieser Materie ist erforderlich, weil zur Umsetzung des bundesweiten Tierschutzgesetzes eine Verfassungsmehrheit nötig ist, über die die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ nicht verfügen. "Wir sind zufrieden", betonte Sima nach der Verhandlungsrunde. Die SPÖ habe sich im Wesentlichen durchgesetzt, die ÖVP sei beispielsweise bei der Hühnerhaltung und beim Tierschutzombudsmann über ihren Schatten gesprungen.

"Es fällt uns unglaublich schwer"

Auch ÖVP-Verfassungssprecherin Ulrike Baumgartner-Gabitzer bestätigte die Einigung. Die ÖVP trage das Gesamtpaket mit. "Es fällt uns unglaublich schwer, aber wir glauben, dass es wichtig ist", betonte Baumgartner-Gabitzer.

Weinzinger: "Alle haben sich bewegt"

Für die Tierschutzsprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger, war die nächtliche Verhandlungsrunde "ein zäher Kampf um ein bisschen mehr Tierschutz. Wobei ich anerkenne, dass sich alle Beteiligten Seiten ein Stück weit bewegt haben." Man wolle dem einheitlichen Tierschutzgesetz nun nicht im Weg stehen, auch wenn es bei weitem nicht jenes Gesetz sei, "das ich mir als Tierschützerin und Grüne wünschen würde", so Weinzinger.

Betäubung nach dem Schächten

FP-Verhandler Klaus Wittauer nannte zwei Gründe für die Zustimmung seiner Partei: Erstens sei vereinbart worden, dass beim Schächten das Tier unmittelbar nach dem Schächtschnitt betäubt werden muss. Zweitens werde es bezüglich der von der FPÖ geforderten Verankerung des Tierschutzes als Staatszielbestimmung in der Verfassung einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller vier Parteien unter Federführung der Freiheitlichen an den Österreich-Konvent geben.

Seit langem gefordert

Gefordert wurde ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz schon seit langem, aber erst im November 2002 gab die ÖVP ihren Widerstand dagegen auf. Fünf Tage vor der Nationalratswahl versprach Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V): "Als Chef der Österreichischen Volkspartei garantiere ich, dass wir schon im kommenden Frühjahr ein Bundestierschutzgesetz erarbeiten werden."

Erster Begutachtungsentwurf

Gedauert hat es dann aber doch etwas länger. Den ersten Begutachtungsentwurf präsentierte Schüssel erst ein Jahr später, am 25. November 2003. Allerdings war das Gesetz vorerst nur ÖVP-intern akkordiert. Erst am 16. März 2004 einigten sich dann auch die Koalitionsparteien, das Gesetz passierte im dritten Anlauf den Ministerrat. Danach begannen die Verhandlungen mit der Opposition, die noch Verbesserungen forderte.

Tagesordnung

Am kommenden Dienstag steht das Tierschutzgesetz ein letztes Mal auf der Tagesordnung des Verfassungs-Unterausschusses. Dann sollen auch die Verordnungen auf den Tisch kommen, die zahlreiche im Gesetz offen gelassene Details regeln sollen. Der Beschluss im Plenum des Nationalrats ist für den 16. oder 17. Juni geplant. (APA)