Neue Umstimmungsversuche von Kongress-Partei vergebens - Gandhi bleibt aber Parteivorsitzende - Singh als Premier gehandelt
Redaktion
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Neu Delhi - Trotz massiven Drucks ihrer
Kongresspartei bleibt Sonia Gandhi bei ihrem Verzicht auf das Amt der
indischen Ministerpräsidentin. Führenden Kongresspolitikern und
Bündnispartnern sei es am Mittwoch nicht gelungen, die gebürtige
Italienierin umzustimmen, sagte ein Parteisprecher in Neu Delhi. Die
Kongressabgeordneten wollten am Abend im Parlament zusammenkommen.
Gandhi will noch am Mittwoch mit Präsident Abdul Kalam
zusammentreffen und Ex-Finanzminister Manmohan Singh als Nachfolger
vorschlagen. Der 71-Jährige gehört der religiösen Minderheit der Sikhs
an. Er würde der erste indische Ministerpräsident, der kein Hindu
ist. Singh gilt als Architekt der von Indien 1991 eingeleiteten
Wirtschaftsreformen.
Appelle der
Parteiführung
Die Kongresspartei-Vorsitzende Gandhi wies alle Appelle der
Parteiführung, doch noch das Amt der Regierungschefin zu übernehmen,
zurück. Das Zentralkomitee der Partei war zuvor geschlossen
zurückgetreten, um Gandhi dazu zu bewegen, ihren Verzicht auf das
Regierungsamt zu überdenken. Die Parteiführung wollte ihren Rücktritt
so lange nicht rückgängig machen, wie Gandhi bei ihrem Amtsverzicht
bleibe, sagte die Generalsekretärin der Kongresspartei, Ambika Soni.
Unter den Zurückgetretenen sei auch Singh, der als Favorit für das
Amt des Premierministers gehandelt wird, sollte Gandhi bei ihrem Nein
bleiben. Soni sprach von einer "Krise" in der Partei.
An der
Spitze der Kongress-Partei
Sonia Gandhi blieb jedoch bei ihrer Entscheidung. In einer Rede
vor Parteimitgliedern sagte die 57-Jährige, sie wolle weiter an der
Spitze der Kongress-Partei bleiben, stehe aber nicht für das Amt des
Regierungschefs zur Verfügung. "Aber ich bitte Sie um Verständnis für
die Tiefe meiner Gefühle, wenn ich sage, dass ich meine Entscheidung
nicht mehr rückgängig mache." Zugleich bat Gandhi um Unterstützung
für den neuen Premierminister der Kongress-Partei sowie die neue
Regierung.
Posten der Regierungschefin
Gandhi hatte am Dienstag auf den Posten der Regierungschefin
verzichtet und dies mit der gegen sie gerichteten Kampagne wegen
ihrer italienischen Herkunft begründet. Die Witwe des früheren
indischen Regierungschefs Rajiv Gandhi, der 1991 ermordet wurde, war
wegen ihrer ausländischen Herkunft von den bisher regierenden
Hindu-Nationalisten massiv angegriffen worden.
Wie bereits am Vortag kam es auch am Mittwoch zu emotionalen
Szenen vor der schwer bewachten Residenz Gandhis, wo die
Verhandlungen über die Regierungsbildung stattfanden. Tausende
Menschen bekundeten Gandhi ihre Solidarität und riefen Slogans wie
"Wir werden niemand anders als Sonia akzeptieren". Viele gaben ihrer
Wut über die bei der Parlamentswahl abgewählte nationalistische
Hindu-Partei BJP Ausdruck, die eine Kampagne gegen Gandhi wegen ihrer
italienischen Herkunft gestartet hatte. Einige Demonstranten
verbrannten Bilder einer früheren BJP-Ministerin. Diese hatte
angekündigt, sich als traditionelles Hindi-Zeichen der Trauer den
Kopf kahl zu scheren, sollte Gandhi Regierungschefin werden.
Solidarität
Aus Solidarität mit Gandhi traten Anhänger der Kongress-Partei in
der Hochburg der Familien-Dynastie, der Stadt Amethi im Bundesstaat
Uttar Pradesh, in den Streik. Alle Schulen und Geschäfte sollten am
Mittwoch geschlossen bleiben, sagte eine ranghohe
Kongress-Vertreterin. Im westlichen Bundesstaat Gujarat schrieben
Kongress-Anhänger mit ihrem eigenen Blut Briefe an Gandhi, in denen
sie die Politikerin beschworen, den "faschistischen Kräften" nicht
nachzugeben. Die Presse lobte Gandhis Amtsverzicht als "noble Geste des
Verzichts". (APA/dpa)
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