New York/Washington - Nach Berichten über Misshandlungen irakischer Gefangener hat die US-Armee einem Zeitungsbericht zufolge im vergangenen Jahr versucht, Kontrollen der Hilfsorganisation Rotes Kreuz in der Haftanstalt Abu Ghraib einzuschränken. Die Organisation hatte sich den Angaben der "New York Times" zufolge nach zwei unangemeldeten Besuchen im November über Gefangenen-Misshandlung in einem Gefängnisblock beschwert und der Armee einen Bericht darüber vorgelegt. Darauf habe das US-Militär die Organisation angewiesen, ihre Besuche in Zukunft anzukündigen, berichtete das Blatt am Mittwoch unter Berufung auf einen hochrangigen Offizier.

Bei dem kontrollierten Block handelte es sich um den Trakt, in dem die Misshandlungen stattfanden, die in den vergangenen Wochen bekannt wurden und weltweit Empörung ausgelöst haben. Eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums weigerte sich, den Bericht zu kommentieren.

US-Militär wusste schon im November von Misshandlungen

Führende US-Militärs haben laut "Wall Street Journal" und "New York Times" bereits im vergangenen November von den Misshandlungen irakischer Gefangener gewusst. Der damals vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) der US-Armee übermittelte Bericht beschreibe, wie Gefangene tagelang nackt in dunklen Zellen gehalten und mit Frauen-Unterwäsche auf dem Kopf fotografiert worden seien, berichteten die Zeitungen unter Berufung auf einen ranghohen US-Offizier.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte bei einer Anhörung im Senat angegeben, seine Behörde sei Mitte Jänner über die Misshandlungen informiert worden. Das Pentagon leitete Ende Jänner eine Untersuchung ein.

Bericht

Das Papier wurde den Zeitungen zufolge vom obersten Befehlshaber der US-Truppen im Irak, Ricardo Sanchez, und zwei seiner ranghohen Rechtsberater gelesen. Der Bericht habe bei den Betreffenden Gelächter und Witze ausgelöst, sagte ein Armeeangehöriger, der nach eigenen Angaben bei dem Treffen dabei war, dem "Wall Street Journal".

Die damalige Leiterin des Gefängniswesens im Irak, Janis Karpinsky, sagte der "NYT", die ranghohen US-Offiziere hätten dem Rot-Kreuz-Bericht generell keinen Glauben geschenkt und ihn "unbeschwert" aufgenommen. Geheimdienstmitarbeiter hätten bei einem Treffen gefordert, das Rote Kreuz solle künftig seine Besuche in den Zellblöcken ankündigen, in denen die Verhöre stattfanden. Das Rote Kreuz bestätigte dem "Wall Street Journal", es habe dem US-Militär im November einen Bericht überstellt und im Dezember eine Antwort erhalten. Über den Inhalt beider Dokumente gab die Organisation keine Auskunft. (APA/Reuters)