Budapest/Wien - Zu mehr als 68 Prozent ist die Börse von Budapest seit heute, Donnerstag, in österreichischen Händen. Die Wiener Börse AG hat sich in einem Konsortium zusammen mit österreichischen Bankpartnern (Bank Austria Creditanstalt über deren Ungarn-Tochter, Erste Bank, RZB und Kontrollbank) an der ungarischen Aktienbörse, der Budapest Stock Exchange (BSE), eingekauft. Wiens Börsechef Stefan Zapotocky hat am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Budapest nachdrücklich erklärt, dass keine Fusion der beiden Börsen beabsichtigt sei. In vier Jahren könnte die addierte Marktkapitalisierung 100 Mrd. Euro erreichen. Zapotocky denkt außerdem bereits an weitere Börseallianzen: Etwa mit Warschau, Prag, Preßburg oder Laibach.

Größter Anteil für BA-Tochter

Den größten Anteil an der BSE hält jetzt die Bank Austria-Tochter HVB Bank Hungary mit 25,2 Prozent (vorher: rund 12,5 Prozent), die Wiener Börse übernahm 14 Prozent. Die Erste Bank erhöhte ihren bisherigen Anteil von 5,8 auf 12,2 Prozent. Die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) beteiligte sich mit 11 Prozent, die RZB ist mit knapp 6,4 Prozent eingestiegen.

Matthias Kunsch, Generaldirektor der HVB Bank Hungary AG, unterstrich heute vor Journalisten, der Initiative seiner Bank sei es zu verdanken, dass die Budapester Aktienbörse ab heute eine neue Eigentümerstruktur besitzt. Laut Kunsch hätten die Konkurrenzbanken im Vorjahr mit dem Ziel eines "schnellen Gewinns" Aktienpakete an der Budapester Börse verkauft, während HVB bereits 2003 Käufe getätigt hätte und damit 12,5 Prozent Anteile an der Budapester Börse erwarb. Die HVB Hungary hat bei dem jetzigen Deal fast noch einmal so viele Aktien zugekauft.

100 Mrd. "durchaus realistisch"

Wiens Börsechef Zapotoczky will in vier Jahren in Wien und Budapest auf eine kumulierte Marktkapitalisierung von rund 100 Mrd. Euro kommen. Das wäre ein "durchaus realistisches" Ziel angesichts der Tatsache, dass sich der Kapitalwert der an der Wiener Börse gehandelten Papiere innerhalb von drei Jahren um 70 Prozent, von 30 auf zuletzt 50 Mrd. Euro erhöht hat. Die Kapitalisierung der Budapester Börse liegt derzeit bei gut 19 Mrd. Euro.

Der Wiener Börsechef strebt "Partnerbeziehungen zur Budapester Börse" an. Beide Börsen sollten bei Erhalt ihrer Selbstständigkeit die Möglichkeiten des langfristigen Wachstums ausnutzen. Zapatoczky verwies darauf, dass die kleinen regionalen Börsen in den letzten zehn Jahren Nachteile durch Flexibilität und Kundennähe kompensieren konnten.

Gespräche mit Osteuropa-Börsen

Es sei durchaus vorstellbar, so küdigte Zapotocky heute außerdem an, dass eine weitere Zusammenarbeit mit den Börsen in Warschau, Prag, Bratislava und Ljubljana angestrengt werde. Es gebe seit vier Jahren Gespräche.

Zapotocky verwies auf die neue Situation nach der Osterweiterung der EU: Die Region werde eine gemeinsame Wirtschaftspolitik bekommen, und "da müssen die Finanzmärkte die entsprechende Grundlage liefern".

Auskunft über den finanzielle Hintergrund der Transaktionen wurde heute noch nicht gegeben. Details darüber und über die künftige Strategie sollen in wenigen Wochen vorgelegt werden. Da es in Ungarn bei Transaktionen über 33 Prozent der Genehmigung der Bankenaufsicht bedürfe, sei der Deal so strukturiert worden, dass keine gesetzlichen Bestimmungen verletzt werden, betonte HVB-Hungary Manager Kunsch in der heutigen Pressekonferenz in Budapest. Das Konsortium sieht sich damit nicht als Block: Die Investorengruppe bestünde aus Einzelaktionären, direkten Gesellschaftern, die zusammen 68 Prozent an der Budapester Börse hielten, so Kunsch. (APA)