Jerusalem - Der israelische Justizminister Josef Lapid hat die Zerstörung von palästinensischen Häusern in Rafah im südlichen Gaza-Streifen durch die israelische Armee am Sonntag scharf kritisiert. Während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem sagte der aus Ex-Jugoslawien stammende 73-jährige Holocaust-Überlebende empört, das Bild einer alten Palästinenserin, die in den Trümmern ihres Hauses nach ihren Medikamenten sucht, habe ihn an seine eigene Großmutter erinnert.

Warnung vor internationaler Ächtung

Lapid nannte die Häuserdemolierung "unmenschlich und un-jüdisch" und warnte vor einer internationalen Ächtung Israels. "Man wird uns aus den Vereinten Nationen werfen, die Verantwortlichen in Den Haag vor Gericht stellen, und keiner wird mehr mit uns reden wollen", sagte Lapid hinsichtlich der Möglichkeit, für eine Ausweitung der Pufferzone zu Ägypten hunderte weiterer Palästinenserhäuser in Rafah zu zerstören.

Empörung im Kabinett

Lapids Äußerungen riefen im Kabinett Empörung hervor. Ministerpräsident Ariel Sharon rügte ihn nach Medienberichten scharf und warf ihm vor, Israels Soldaten mit Nazis zu vergleichen. Diesen Vorwurf wies Lapid wiederum entschieden von sich.

Er wollte "keinen Vergleich mit Nazis oder Deutschen anstellen", erläuterte Lapid nach dem Ministerrat, "aber als ich im Fernsehen das Bild einer alten Frau sah, die auf allen vieren in den Trümmern ihre Medikamente sucht, das dachte ich: Was hätte ich gesagt, wenn das meine Großmutter wäre? Wir müssen menschlich und jüdisch sein und nicht nur effizient im Sicherheitsbereich."

Nicht solche Analogien verwenden"

"Mein Großvater und meine Großmutter wurden mit ihren fünf Kindern aus ihrem Haus in Ungarn geholt und nach Birkenau in den Tod geschickt", gab Gesundheitsminister Dani Naveh zurück. "Man kann über die Demolierungen diskutieren, die in meinen Augen gerechtfertigt sind, aber man kann nicht solche Analogien verwenden." (APA/dpa/Ben Segenreich, DER STANDARD, Printausgabe 24.5.2004)