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Was ein erfolgreicher "Ex-Pat" für die Karriere in Tschechien rät.

Es ist nicht so, dass die Mitarbeiter der Firma Panasonic alle blendende Laune hätten an diesem Freitagnachmittag. Die Sonne scheint, es ist erstmals warm in diesem Frühjahr in Prag, und außerdem macht niemand in Tschechien große Geschäfte an Freitagnachmittagen. Also eigentlich kein Grund, hier zu bleiben.

Doch Besuch hat sich angesagt. "Ten Rakusan", der Österreicher, hat sich angesagt. Man seufzt und bleibt. Und dann kommt der Österreicher, schüttelt Hände, lacht und zeigt dabei humorvolle Grübchen. Binnen Minuten hebt sich die Stimmung.

Nach seiner Begrüßungsrunde nimmt Gerhard Voehr, "der Österreicher", mit einem Seufzen und einem Lächeln im Besprechungsraum Platz. "Es gibt nur eines, was alle Österreicher hier beachten sollten", sagt er, "sie sollten österreichisch bleiben. Das kommt hier wunderbar an."

Gerhard Voehr befolgt die von ihm aufgestellte Regel eisern. Mit Erfolg - siehe sein Prag-Besuch. Der 57-jährige Mödlinger ist seit vier Jahren "MTD General Manager" bei Panasonic in Pardubice, Tschechien.

Er ist vor allem zuständig für "Customer Satisfaction", und da hat er oft seine liebe Not: "Der Servicegedanke ist hier noch nicht sehr ausgeprägt", sagt er. So technisch versiert, talentiert und gebildet seine tschechischen Mitarbeiter auch seien - "ich wundere mich oft, wie defensiv hier verkauft wird".

Das wird auch vom Leiter der österreichischen Außenhandelsstelle in Prag, Michael Angerer, bestätigt: "In Prag bessert sich das zusehends - aber überall sonst in Tschechien ist der Kundenkontakt eher unaktiv." Gerade das ist ein Vorteil für österreichische Spezialisten, die von ihren großen, oft multinationalen Unternehmen auf die neuen Märkte in den neuen EU-Ländern geschickt werden.

Zu Anfang waren es vor allem Banken und Versicherungen, die leitende Mitarbeiter zu den neuen "Töchtern" im Osten schickten. Dieser erste "Schwung" an "Ex-Pats" aus Österreich ist schon lange vorüber, nun sind es eher mittlere, aber auch schon Kleinunternehmen, die sich in den neuen EU-Ländern niederlassen. Marketing, PR und der IT-Bereich sind immer noch die Zukunftsbranchen in Tschechien.

Angerer nennt "exzellente fachliche Qualifikation, hohe soziale Kompetenz und natürlich auch Sprachkenntnisse" als Voraussetzungen für Manager, die in die neuen Länder gehen wollen. Es sei "wichtig, sich in Land und Leute hineinzufühlen", meint Angerer.

Als Panasonic im Jahr 2000 entschied, eine neue Handy- fabrik zu bauen, musste sich die Firmenleitung zwischen Großbritannien und Tschechien entscheiden. Es wurde Tschechien, auch aus steuerlichen Gründen - Pardubice, und von Beginn an war Gerhard Voehr dabei. Er habe sich nicht sehr schwer getan mit den Tschechen, berichtet er, "die sind uns Österreichern von der Mentalität her ziemlich ähnlich".

Deutsch oder Englisch

Auch Sprachschwierigkeiten habe er nie gehabt: "Ich habe den Eindruck, hier sprechen alle Deutsch oder zumindest gut Englisch." Voehr fiel die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, leichter als vielen anderen: Als junger Mann arbeitete er für die UNIDO in Äthiopien.

"Da ist Pardubice nix dagegen", lacht er. In der Tat: In knapp eineinhalb Stunden ist man mit dem Zug wieder in Wien, die Straßen sind gut ausgebaut. Da ist es kein Problem, jedes Wochenende nach Hause zu fahren. Wie viele andere "Ex-Pats" führt Voehr eine Wochenendbeziehung. Frau und Kinder sind in Mödling geblieben.

Kammer-Experte Angerer rät auch, Zusatzpensionsregelungen in Österreich zu vereinbaren: "Die Maximalrente in Tschechien beträgt 8000 Kronen. Damit fängt man gar nichts an." Probleme mit dem Aufenthaltsrecht gibt es keine mehr, doch sind Entsendungen von der Mutterfirma nach EU-Recht nur für zwei Jahre möglich - allerdings, so Angerer, sei die Verlängerung dieser Frist "selten ein Problem".

In puncto Lebensqualität sei zu beachten, ob man in Prag oder in einer anderen tschechischen Stadt stationiert werde. Prag ist ein gutes Pflaster für kulturell und Lifestyle-verwöhnte "Ex-Pats".

Jazz, Theater, Oper, Golf - alles gibt es hier. In Pardubice ist das gesellschaftliche Leben vergleichsweise bescheidener - doch das ficht den geübten Gute-Laune-Verbreiter Voehr keineswegs an: "Die Natur ist herrlich - und das Bier schmeckt überall in Tschechien gut." (Der Standard, Printausgabe 22./23.5.2004)