So nah und doch noch zumindest neunzig Minuten voneinander getrennt: Didier Deschamps und der CL-Pokal.

Gelsenkirchen - Die Überraschung könnte, abgesehen von jener über die Teilnahme eines österreichischen Klubs, größer nicht sein. Im Finale der Champions League (20:45 Uhr/ORF 1) treffen einander heute in der Arena AufSchalke zwei Mannschaften, die dort niemand erwartet hätte. Im Herbst waren Porto und der AS Monaco bei den Buchmachern mit Quoten von 66:1 beziehungsweise 55:1 noch als krasse Außenseiter gehandelt worden.

Mittlerweile haben sich Portugiesen wie Monegassen mit ihrem Schicksal abgefunden, Portos Coach Jose Mourinho sagt: "Jeder träumt davon, dabei zu sein. Bisher waren wir es gewohnt, das Endspiel im Fernsehen zu sehen." Monacos Abwehrspieler Hugo Ibarra sagt: "Wir sind zwei Zwerge in der Welt der Großen. Aber wer klug spielt, kommt eben weiter." Clever gespielt haben die Monegassen unter Anleitung ihres Trainers Didier Deschamps unter anderem gegen Lok Moskau, Real Madrid und Chelsea, auf dem Weg nach Gelsenkirchen wurden ebenjene Kaliber aus dem Bewerb gekickt. Nicht minder schwer hatten es die Spieler Portos, sie schalteten nacheinander Manchester United, Olympique Lyon und La Coruna aus. 17 Jahre nach dem einzigen Sieg im Landesmeister-Cup über Bayern München in Wien (2:1), bei dem Rabah Madjer sein legendäres Ferslertor erzielte, greift Porto jetzt wieder nach dem Pott, es wäre der vorläufige Endpunkt einer kontinuierlichen Aufwärtsentwicklung unter dem jungen Trainer Mourinho.

Bislang holte das Team unter seiner Ägide zwei Meisterschaften, letztes Jahr gewann man den UEFA-Cup. Der 41-Jährige kommt ohne Stars aus, er baut auf eine solide Verteidigung und ein einfaches Kurzpassspiel und begründet das so: "Weil wir nicht die besten Fußballer der Welt haben, müssen wir am Spielaufbau und an der Taktik arbeiten. Wir halten unsere Philosophie rigoros ein, sodass wir fast mit verbundenen Augen spielen könnten."

Nun hat Porto einen Weltklassetrainer, Monaco aber einen Weltklassestürmer. Der bei Real Madrid ausgemusterte Fernando Morientes führt mit neun Treffern die UCL-Torjägerliste an - kommt heute noch das eine oder andere dazu, könnte er die Trophäe schon zum vierten Mal in den Nachthimmel recken. 1998, 2000 und 2002 gewann der 28-Jährige den Bewerb mit Real. "Ich habe selbst nicht damit gerechnet, dass es in Monaco so gut klappen würde. Mehr kann ich vom Leben nicht verlangen", sagt er.

Sein Kapitän Ludovic Giuly hat den Pokal noch nie gewonnen, er weiß um die wahrscheinlich einmalige Gelegenheit: "Wenn wir dieses Jahr die Champions League nicht gewinnen, gewinnen wir sie nie." Morientes und Mourinho könnten sich heute übrigens nicht zum letzten Mal treffen. Sowohl Portos Coach als auch Monacos Goalgetter stehen auf der Wunschliste von FC-Chelsea-Besitzer Roman Abramovich ganz oben. (sid, sjk, DER STANDARD Printausgabe 26.05.2004)