Lissabon - Portugals Teamchef Luiz Felipe Scolari gilt als harter Hund. "In meiner Heimat Brasilien sagt man mir nach, ich hätte einen militärischen Stil. Das ist großartig", sprach der 55-Jährige nicht nur einmal: "Wenn man im Fußball nicht diszipliniert ist, dann gewinnt man nicht." Dass er erfolgreich ist, bewies er vor zwei Jahren, als er mit Brasilien Weltmeister wurde.

Im November 2002 trat er das Amt in Portugal an, mit einem Monatssalär von 175.000 Euro gilt Scolari als der am besten verdienende Nationaltrainer. "Er ist der richtige Mann. Er hat einen großen Namen, und die Spieler haben Respekt vor ihm", sagt Nationalidol Eusebio. Die einheimischen Medien sehen in Scolari einen "dickbäuchigen, starken Dirigenten" und verehren ihn als "Medizin, die Portugals Fußball zur Heilung braucht".

Erwartungen wurden bisher selten erfüllt, ein dritter Platz bei der WM 1966 in England war das beste Ergebnis. Die Endrunde 2002 endete besonders peinlich, als Geheimfavorit gestartet, scheiterte Portugal an den USA und Südkorea. Die EM 2004 ist nun die letzte Chance für die so genannte "Goldene Generation" mit Ausnahmekönnern wie Luis Figo und Rui Costa. Die persönlichen Ziele haben die meisten Kicker verwirklicht, die nationalen freilich kaum. Andererseits wird bereits von der "Platin-Generation" geschwärmt, Manchester Uniteds Cristiano Ronaldo ist der hellste der neuen Sterne, mit ihm strahlen Typen wie Helder Postiga, Hugo Viana, Simao Sabrosa, Tiago Mendes und Ricardo Quaresma. Scolari: "Ich mache aus ihnen Gewinnertypen." Zudem verwies er auf den aktuellen Champions-League-Sieger, den FC Porto: "Der hat gezeigt, dass Portugiesen nicht nur schön kicken können. Das muss ein Zeichen für die Nationalmannschaft sein."

Der 31-jährige Luis Felipe Madeira Figo, der noch bei Real Madrid kickt, seine Laufbahn aber bei seinem Stammverein Sporting Lissabon beenden will, ist sich der Last bewusst: "Von uns wird sehr viel erwartet, aber wir haben großes Potenzial." Nach Eusebio ist Figo sicherlich der größte Fußballer in der Geschichte des Landes. 2002 war der Mittelfeldspieler für kurze Zeit sogar der teuerste Profi aller Zeiten, nachdem er für rund 58 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Real Madrid gewechselt war. Wie es sich für einen Superstar gehört, stammt Figo, der bei irgendwelchen Umfragen mit einer bemerkenswerten Regelmäßigkeit zum "Fußballer mit dem meisten Sexappeal" gekürt wird, aus einfachen Verhältnissen. "Ich bin auf der armen Seite des Tejo geboren. In Lissabons Armenviertel Almada gab es keinen Fußballklub", erklärt er.

So musste der Knirps auf die andere Seite des Flusses und seine Karriere bei Sporting beginnen. Früh bekam er einen Profivertrag und kaufte seinen Eltern vom ersten Geld ein richtiges Haus. Mit 16 Jahren wurde er Jugend-Weltmeister, mit 17 Junioren-Weltmeister. 1995 wechselte er nach Barcelona. Für weniger als sechs Millionen Euro. "Das Schöne ist, dass ich nach wie vor Träume habe. Den vom EM-Titel teile ich mit allen Portugiesen." (DER STANDARD, Printausgabe 07.06.2004, hac, sid)

PORTUGAL:

Vorrunden-Gegner: Griechenland (12. Juni, 18 Uhr, Porto/Dragao), Russland (16. Juni, 20:45 Uhr, Lissabon/Luz), Spanien (20. Juni, 20:45 Uhr, Lissabon/Jose Alvalade)

Teamchef: Luiz Felipe Scolari (BRA)

Stars: Luis Figo, Rui Costa, Pauleta, Deco, Cristiano Ronaldo

Größte Erfolge: WM-Dritter 1966 in England, EM-Semifinalist 1984 in Frankreich und 2000 in Belgien und den Niederlanden

Qualifikation: Als Veranstalter fix qualifiziert.