Rom/Bruneck - Je näher das eine Ziel rückt, um so weiter entfernt sich das andere. Der Tiroler Gerhard Trampusch, als einziger Österreicher im 87. Giro d'Italia unterwegs, hatte sich einen Etappensieg vorgenommen, die Chance ist minimal, der Giro rollt am Sonntag in Mailand aus, und Trampusch leidet an einer Stirnhöhleneiterung. Gestern wurde in Südtirol geruht, heute geht's für drei Tage wieder in die Berge.

Trampusch (25), der fürs italienische Team Acqua & Sapone in die Pedale tritt, ist zuletzt vom 16. auf den 22. Platz zurück gefallen. "Ich schau' nur noch", sagte er gestern, "dass ich das Ziel in Mailand erreiche." Zu Giro-Beginn hatte er sich in toller Form befunden, war als Prolog-Vierter zwischenzeitlich gar an dritter Stelle gelegen, dann warfen ihn ein Sturz, eine Verkühlung und ein Defekt zurück. "Und die Verkühlung", sagt Trampusch, "hat sich durch die Belastung verschlimmert und zu den Stirnhöhlen hinauf gezogen." Viele Medikamente sind mit Vorsicht zu genießen, weil Inhaltsstoffe auf der Dopingliste stehen.

Apropos. Gestern hat die italienische Polizei im Kampf gegen den Dopingmissbrauch zu einem landesweiten Schlag ausgeholt. Rund 700 Ermittler durchsuchten mehr als 100 Wohnungen, Büros und Hotelzimmer. Dabei blieben auch das Gebäude des italienischen Radsport-Verbandes und der Giro nicht verschont. In Bruneck durchsuchten die Ermittler die Hotelzimmer von acht italienischen Radprofis, betroffen waren dabei auch Trampuschs Teamkollege Ruggero Marzoli und der Mann in Rosa, Damiano Cunego (Saeco). Die Staatsanwaltschaft hatte 138 Durchsuchungsbefehle in 28 Provinzen ausgestellt. Die Fahnder ermitteln wegen der illegalen Einfuhr von Dopingmitteln und des Handels mit den Substanzen Nesp und Epo.

Die Reaktionen im Fahrerlager waren heftig. "Der Giro verdient so eine Behandlung nicht. Die Ermittler haben die Pflicht, ihre Untersuchungen zu führen. Sie hätten aber einen späteren Zeitpunkt wählen können", sagte Claudio Corti, Teammanager von Saeco. Welcher Zeitpunkt ihm gepasst hätte, sagte Corti nicht.

Des öfteren schon hatte die Polizei beim Giro d'Italia Razzien durchgeführt, die größte 2001 in San Remo. Die jüngsten Untersuchungen begannen vor acht Monaten, nachdem ein Amateurfahrer unter dubiosen Umständen gestorben war. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 27. Mai 2004, fri, sid)