Bild nicht mehr verfügbar.

So einträchtig sind Prodi und Schüssel nur am Katholikentag. Beim Budget passen ihre Ansichten nicht unter einen Schirm.

Foto: APA/Hans Klaus Techt
Viele Gelegenheiten hat Romano Prodi nicht mehr, große Reden zu halten. Daher nutzte der scheidende EU-Kommissionspräsident einen Auftritt bei einem Treffen des europäischen Wirtschaftskomitees, um quasi eine Botschaft an seinen Nachfolger zu hinterlassen.

Prodi appellierte eindringlich: Die EU müsse ihre Wirtschaftspolitik "radikal ändern". Sonst habe sie keine Chance, ihr Ziel zu erreichen und bis zum Jahr 2010 der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt zu werden.

Dieses ambitionierte Ziel, die USA zu überholen, haben die EU-Staatschefs im Jahr 2000 in Lissabon unter dem Namen "Lissabon-Prozess" festgeschrieben. Seither hat sich der Abstand zu den USA allerdings vergrößert statt verkleinert.

Beim Frühjahrsgipfel im heurigen März haben manche Staatschefs mehr oder weniger verklausuliert eingestanden, dass das Lissabon-Ziel außer Reichweite scheint.

Lissabon-Programm endlich ernst nehmen

Wohl auch deshalb hat Prodi nun eindrücklich gemahnt, das Lissabon-Programm endlich ernst zu nehmen und Anstrengungen darauf zu fokussieren. Wie oder in welche Richtung die EU ihre Wirtschaftspolitik "radikal" ändern soll, sagte Prodi nicht.

Allerdings war beim Frühjahrsgipfel eine Expertengruppe eingesetzt worden, die bis zum Jahresende eine Gesamtstrategie formulieren soll, mit der das Lissabon-Ziel erreicht werden kann. Beim nächsten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs soll die Expertengruppe einen Zwischenbericht vorlegen.

Der nicht undramatische Appell Prodis fiel zeitlich mit dem Start der Budgetdetailverhandlungen zusammen. Die EU-Mitgliedsstaaten haben begonnen, die Finanzvorschau der EU für die Jahre 2007 bis 2013 zu analysieren.

Das ist ein ziemlich kontroverses und konfliktreiches Unterfangen: Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, für diesen Zeitraum Ausgaben von 1,14 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu budgetieren. Das wäre ein nicht unerheblicher Anstieg gegenüber den derzeit rund 1,12 Prozent.

Widerstand der Nettozahler

Gegen diese Erhöhung der Ausgaben wehren sich aber etliche Mitgliedsländer vehement, wenig überraschend vor allem die Gruppe der Nettozahler: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, die Niederlande und auch Österreich.

Diese EU-Staaten wollen die Ausgaben ab dem Jahr 2007 mit nicht mehr als exakt einem Prozent der gemeinsamen Wirtschaftsleistung beschränken. Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel etwa steht auf dem Standpunkt, dass es eben "nicht gleichgültig" sei, ob die Beiträge 1,0 oder 1,1 oder 1,24 Prozent ausmachten.

Prodi hingegen hat schon mehrmals bekräftigt, dass die EU-Kommission der Forderung der Nettozahler nach einer Senkung der Ausgabenobergrenze nicht nachkommen werde. Bei einer Beschränkung des Budgets, so seine Argumentation, könne die EU ihre selbst gesetzten Ziele nicht erfüllen - etwa die Lissabon-Strategie.(DER STANDARD Printausgabe, 27.05.2004)