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Die Staatsanwaltschaft Steyr verhängte am Donnerstag über die Mutter jener an Unterernährung verstorbenen 17-Jährigen die Untersuchungshaft wegen Mordverdachts. Frühere Entmündigungsversuche der Frau seien immer gescheitert, meinen die Ermittler.

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Linz - "Seit dem Bekanntwerden der schwierigen Familiensituation und dadurch, dass die 17-jährige Tochter ganz offensichtlich immer kränker wurde, hat es immer wieder Versuche gegeben, die Mutter zu entmündigen", erklärte Oberösterreichs Sicherheitschef Alois Lißl rund um den Hungertod jenes Mädchens aus Wolfern im Bezirk Steyr-Land am Donnerstag gegenüber dem STANDARD. Es sei aber "die Suppe immer zu dünn gewesen", und es habe deshalb auch nie ausreichende Gutachten durch Sachverständige gegeben, so Lißl.

Gutachten

Der zuständige Bezirkshauptmann Hans Zeller verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass "zum Beispiel die drei Brüder keine signifikanten gesundheitlichen Probleme aufgewiesen hätten und die Situation sicher schwierig, der jetzige Ausgang aber nicht absehbar war". Laut ärztlichem Gutachten sei es der 17-Jährigen Mitte Mai "gesundheitlich besser gegangen", so Zeller.

Freiwillig in die Linzer Landesnervenklinik

Gegen die Mutter, die sich bereits am Mittwoch freiwillig in die Linzer Landesnervenklinik Wagner Jauregg einweisen ließ, wurde am Donnerstag von der Staatsanwaltschaft Steyr ein Haftbefehl wegen des Verdachts des Mordes bzw. der Vernachlässigung einer Hilfsbedürftigen mit tödlichem Ausgang erlassen. "Parallel dazu wurde über die Frau die Untersuchungshaft verhängt", so Staatsanwalt Guido Mairunteregg gegenüber dem STANDARD. Es werde jetzt ein "Gutachten erstellt, das Auskunft über den psychischen Zustand der Frau geben soll". Danach könne man "weitere rechtliche Schritte überlegen".

Zurückhaltend zeigte sich am Donnerstag die Leiterin der Jugendanwaltschaft Steyr, Christine Winkler-Kirchberger: "Ohne auf den tragischen Anlassfall näher eingehen zu wollen, sind Zwangsmaßnahmen gegen den Willen der Erziehungsberechtigten immer eine Gratwanderung."

"Mehr Sensibilität"

Es sei besonders wichtig, dass alle Behörden auch in schwierigen Familiensituationen bemüht sind, "einen Konsens zwischen Eltern und Kindern zu schaffen, denn manchmal leiden gerade Jugendliche dann mehr unter der Trennung von den Eltern als unter den eigentlichen Familienproblemen". Bei gravierenden Fällen würden aber "sehr wohl Zwangsmaßnahmen gesetzt werden", so Winkler-Kirchberger. Einen dringenden Appell richtet die Jugendanwältin vor allem an die Bevölkerung: "Nachbarn, Freunde und Bekannte müssen sensibel agieren und rechtzeitig auch Meldung erstatten." Nur so könne es zu einer raschen Hilfe kommen, betonte Winkler-Kirchberger.

Zwangsernährung

Bei Fällen von extremem Untergewicht sei durchaus "auch eine Zwangsernährung möglich", erklärte der Leiter der Jugendpsychiatrie der Wagner-Jauregg-Klinik, Werner Leixnering: "Rein von rechtlicher Seite ist dies - unabhängig vom Alter - mit einer Einwilligung des zuständigen Amtsarztes und nach einer Einweisung in eine psychiatrische Abteilung immer möglich." (Markus Rohrhofer, DER STANDARD Printausgabe 28.5.2004)