Wien - EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti will den Zielen von Lissabon zu mehr Biss verhelfen. In der Lissabon-Agenda ist festgeschrieben, dass die EU bis 2010 zum "wettbewerbsstärksten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" werden soll. Bei der 32. Volkswirtschaftlichen Tagung, die die Oesterreichische Nationalbank derzeit in Wien abhält, machte sich Monti für ein "Lissabon-Ziel mit Zähnen" stark.

Als Vergleich zog er die Maastricht-Kriterien des Stabilitätspakts heran, an die man die Lissabonner Ziele doch koppeln könne. "Wir sollen bei der Umsetzung der Verträge nicht so tun, als beträfen sie unterschiedliche Kontinente", so Monti. Seine Idee: Hinterherhinkende Staaten könnten mit "Anreizen und einer Art Straf- oder Sanktionssystem" angespornt werden. So könnten sich Fortschritte bei der Erreichung des einen Ziels als mildernd bei der Verfehlung des anderen auswirken. Erste Realisierungsschritte gibt es: "Die Kommission hat entsprechende Initiativen gestartet."

"Der Stabilitätspakt hatte Zähne"

Im Zusammenhang mit Stabilitätspakt und Beschluss der EU-Finanzminister im Herbst 2003, die großen Defizitsünder wie Deutschland ohne Strafen davonkommen zu lassen, meinte der EU-Kommissar nur lapidar: "Der Stabilitätspakt hatte Zähne. Bis zum vorigen Herbst."

Für seine ureigene Domäne forderte der Italiener "noch stärkere Wettbewerbspolitik". Zwar verstehe er den Drang einzelner EU-Mitgliedsstaaten, große, starke Unternehmen zu bilden, aber: "Diese Champions der Wirtschaft dürfen nicht mittels Doping in Form unerlaubter staatlicher Beihilfen entstehen."

Angesichts der lauten französischen Kritik an der EU-Wettbewerbspolitik, sei es doch "faszinierend, dass gerade in Frankreich einige europäische Champions entstanden sind", so Montis Spitze in Richtung Paris. Zur EU-Genehmigung für die staatliche Sanierung des französischen Industriekonzerns Alstom gab sich Kommissar Monti recht wortkarg: "Dafür gibt es strenge Auflagen." (Renate Graber, Der Standard, Printausgabe, 28.05.2004)