Wiener Neustadt – Von einem Abschaffen der Wehrpflicht mag – außer dem Grünen Peter Pilz – niemand offen reden. Aber eine neue Formel hätte Chancen, im Lauf der nächsten Wochen in den Schlussbericht der Bundesheer-Reformkommission aufgenommen‑ zu werden: "Aussetzen der Wehrpflicht." Dies hieße, dass junge Männer formal weiter zum Bundesheer eingezogen werden könnten, in der Praxis aber nicht einberufen und möglicherweise nicht einmal gemustert (also auf Tauglichkeit untersucht werden). Nur in extremen Notsituationen würde die Wehrpflicht wieder aufleben – wie das in vielen Ländern vorgesehen ist, die ein Freiwilligenheer haben.

Noch ist allerdings nichts fix, außer dass es keine unmittelbar wirksame Empfehlung zur Wehrdienstzeitverkürzung geben wird: Da sind nämlich die FPÖ, Teile der ÖVP und die meisten Militärexperten aus dem Aktiv- und Milizstand dagegen. Anders die Perspektive für 2007: Dann sollte die Schengen-Grenze nach außen an die Außengrenze der jetzt noch neuen EU- Mitgliedsländer verlegt werden; damit würde der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze obsolet und die SPÖ drängt auf die "Friedensdividende" in Form eines kürzeren Grundwehrdienstes.

Mit ihr drängen die Zivildienstorganisationen auf gleiche Behandlung von Zivil- und Wehrdienern: "Eine umfassende Gleichstellung würde zunächst bedeuten, dass die Dienstdauer, wie in Deutschland ab Oktober, gleich lang ist, dass Zivis und Präsenzdiener dasselbe Grundentgelt – derzeit Zivis: 185 Euro, Rekruten: 250 Euro – erhalten und dass es eine parlamentarische Beschwerdekommission für Zivildienstleistende gibt", fordert Florian Seidl, der als Zivildienstvertreter in der Reformkommission sitzt. Er würde sich auch wünschen, dass es eine Art (natürlich nicht militärischer) Grundausbildung für Zivildienstleistende gibt, dazu Weiterbildungsmöglichkeiten und Gelegenheiten zur sportlichen Betätigung (die im Rahmen des militärischen Drills inkludiert sind).

Der Zivildienst-Vertreter sieht sich mit dem "Uralt- Argument" konfrontiert, dass zur Gleichstellung auch die Kasernierung gehört, die junge Soldaten zwingt, ihren Alltag und selbst die Schlafenszeit abseits von Freunden und Familie zu verbringen – aber das sei schlicht ein "gehässiger Einwand ohne Umsetzungschancen", sagt Seidl.

Verteidigungsminister Günther Platter reist unterdessen durch die Bundesländer, in denen massive wirtschaftliche Berfürchtungen bestehen, weil jede Reduzierung des Bundesheeres auch zu Kasernenschließungen und weniger Ausgaben in den Regionen führen wird. "Entsprechende regionale Strukturen" solle es weiter geben, sagt er vage. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.5.2004)