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Valdas Adamkas: EU-Milliarden für AKW-Abschaltung gefordert.

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Wien – Am 13. Juni, zugleich mit den Europawahlen, wird in Litauen ein neuer Präsident gewählt. Nach der Absetzung von Rolandas Paksas (wegen Verbindungen zu russischen Mafiosi) hat Litauens Verfassungsgericht soeben dessen Wiederkandidatur untersagt. Unter den fünf übrigen Bewerbern gilt Valdas Adamkus, 77, der bereits von 1998 bis 2003 Präsident war, als Favorit.

"In den Umfragen liege ich derzeit bei unglaublichen 51 Prozent", sagte Adamkus dem STANDARD am Donnerstag in Wien. Er habe keinen Zweifel, dass in Litauen nun Ruhe einkehren werde, meinte Adamkus, der fast fünfzig Jahre seines Lebens in den USA verbracht hat und in Erscheinung und akzentreicher Sprache wie ein litauisches Pendant zu Frank Stronach wirkt.

Aufrufe von Paksas' Parteigängern, dessen Namen trotz Verbots auf die Stimmzettel zu schreiben, kommentiert Adamkus trocken: "Wenn sie die Stimmzettel ungültig machen wollen, ist das in Ordnung. Man wird dann genau sehen, wie viele Anhänger Paksas noch hat." (Er schätzt sie auf maximal 15 Prozent.)

Gefragt, warum er, als er Präsident war, Paksas zweimal als Premier einsetzte, sagte Adamkus: "Das erste Mal wollte ich einen neuen, energischen Politiker haben, und Paksas hatte als Bürgermeister von Vilnius die Erneuerung der Hauptstadt begonnen." Später sei herausgekommen, dass Paksas 190 Millionen Litas (55 Mio. Euro) an Steuern nicht, wie vom Gesetz verlangt, an die Staatskasse weitergeleitet hatte. "Beim zweiten Mal hatte er eben die Parlamentsmehrheit hinter sich."

Trotz des derzeit hohen Wirtschaftswachstums, das Adamkus mit neun Prozent angibt, gilt Litauen als ärmstes Land, das je der EU beigetreten ist. Das Durchschnittseinkommen liegt bei 330 Euro im Monat. Leere Versprechungen an die Verlierer des Systemwechsels hätten Paksas an die Macht gebracht, er wolle einen anderen Weg gehen.

Adamkus: "Jetzt kommt das große Geld von der EU, 1,5 Milliarden Euro. Ich verspreche aber keine Erhöhung von Pensionen und Gehältern. Dieses Geld sollte konstruktiv verwendet werden, um die Wirtschaft zu modernisieren, die Reformen in Erziehungs- und Gesundheitswesen sowie im verarmten Agrarsektor umzusetzen." Bis zum Ende dieser Dekade werde Litauen dann ganz anders dastehen.

Mehr Geld von der EU will Adamkus, der es in den USA zwar nicht zum Großunternehmer, wohl aber zum höheren Beamten in der Umweltbehörde gebracht hat, für einen AKW-Ausstieg Litauens. Im AKW Ignalina (vom Tschernobyl-Typ) werde zwar der Reaktor 1 nächstes Jahr abgeschaltet. Die Abschaltung von Ignalina 2 (eigentlich für 2009 geplant) sei aber noch offen. "Litauen allein kann das nicht finanzieren, dann wäre der Staat bankrott." Die Höhe seiner Forderungen an die EU (kolportiert werden vier Milliarden Euro) will Adamkus aber nicht nennen.

Insgesamt stehe Litauen nun gut da. Mit den Beitritten zu EU und Nato "haben wir erreicht, was wir wollten". Mit Russland gebe es gute Arbeitsbeziehungen, der Transit zur russischen Exklave Kaliningrad funktioniere problemlos. Bestens seien die Beziehungen mit den USA, wo eine Million Litauer lebt (3,7 Millionen im eigenen Land). Auch als kleine Nation hoffe Litauen deshalb zum besseren Verständnis zwischen Europa und den USA beitragen zu können. (Erhard Stackl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.5.2004)