"Starke Bedenken" gab es vonseiten der Fleischer im nördlichen Niederösterreich angesichts der neuen Nachbarn, die per 1. Mai in die EU aufgenommen wurden, erzählt Adolf Matzek, stellvertretender Landesinnungsmeister der Fleischer mit Betrieb in Horn. "Aber die Konkurrenz geht vice versa." Auch österreichische Betriebe fänden über der Grenze Chancen und Risiken. Die Wurstzubereitung in Tschechien hat wie überall in Mitteleuropa einen hohen Stellenwert. Wenn auch die Rezepturen nicht immer gleich seien, so Matzek.

Das Preisniveau zwischen Tschechien und Österreich z.B. ist differenziert zu betrachten, erklärt Adolf Marksteiner, Koordinator für tierische Erzeugnisse in der Standesvertretung der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern. "Bei Handelsqualitäten von Schweinefleisch hat, züchterisch gesehen, das Fleisch aus Tschechien und der Slowakei weniger Magerfleischanteil, was ein wertbestimmendes Merkmal ist." In Ungarn sei die Situation anders, da man sich seit längerem in einem internationalen Kontext bewege.

Länder brauchen Zeit

Generell brauchen die Länder Zeit, um die EU-Standards zu erfüllen. Und man werde sehen, "wie die großen Tierhaltungsbetriebe die EU verkraften, v.a. in Tschechien und der Slowakei, wo 80 bis 90 Prozent über Großbetriebe laufen", so Marksteiner.

Das neue Bundestierschutzgesetz sei in diesem Zusammenhang "nix zum Jubeln". Marksteiner geht davon aus, dass rund ein Drittel der österreichischen Rinderbetriebe, etwa 20.000 bis 25.000 und dabei v.a. die schwächeren, investieren müssten. Österreich unterscheide sich von Mitbewerbern vor allem in puncto nachvollziehbarer kontrollierter Lebensmittelproduktion, die bei Eiern und Rindfleisch durchlaufend sei. Im Bereich Schweinefleisch sei sie "im Entstehen".

Fallbeispiel

Für die Firma Neuburger in Ulrichsberg im nördlichen Oberösterreich war eine frühere EU-Erweiterung wichtiger. Wegen der Verschärfung der Hygienebestimmungen beim EU-Beitritt Österreichs 1995 wurde eine neue Produktionsanlage errichtet. Die Erweiterung per 1. Mai 2004 war dagegen kein Thema, da man bereits zu Beginn der 80er-Jahre eine "Nische" entwickelt hatte. Seit damals konzentrierte man sich ausschließlich auf die Herstellung des Neuburgers, der 1948 von Hermann Neuburger entwickelt wurde und in den 70er-Jahren rund 40 Prozent des Umsatzes der Fleischerei ausmachte. Dieser wurde als alleiniges Markenprodukt der Firma positioniert und ist seit 1995 flächendeckend in ganz Österreich zu haben. Bei der Produktion, die ausschließlich auf Bestellung, nicht auf Vorrat erfolgt, kommt nur Frischfleisch österreichischer Provenienz zum Einsatz.

Für größere Betriebe sieht Alfred Matzek in Zukunft vielleicht mehr Chancen als Risiken, "da eine bessere Logistik da ist". Das kleine Gewerbe werde sich "am qualitativen Sektor anstrengen müssen". Beratung wird einen hohen Stellenwert erhalten, denn "ein gutes Gespräch ist wichtiger als tausend Pickerln". (Luzia Schrampf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30./31.05.2004)