Hexenkammerl im Erdgeschoß des Mühldorfer Rathauses

Stadtverwaltung Mühldorf am Inn

Salzburg/Mühldorf am Inn/Bayern – Die 16jährige Maria Pauerin war eine der letzten Hexen, die im Bistum Salzburg öffentlich verbrannt wurde. Innerhalb der Kirche wurden immer mehr kritische Stimmen laut, dass die grausame Inquisition nicht mehr zeitgemäß wäre.

Die Basis der Hexenverfolgungen

Der Hexenhammer (Malleus maleficarum) gilt als das verhängnisvollste Werk in der Geschichte des Hexenglaubens. Er ist im Jahr 1487 erschienen und von den dominikanischen Inquisitoren Heinrich Institoris und Jakob Sprenger zusammengestellt und herausgegeben worden. Sie beschrieben die "Untaten der Hexen" und boten praktische Anweisungen für kirchliche und weltliche Hexenjäger an. Die Autoren waren der Meinung, dass "die besondere Gefährlichkeit der Frau und ihre Anfälligkeit zur Hexerei und dem Teufelskult, in ihrer unersättlichen fleischlichen Begierde und ihrem angeborenen Interesse an sexuellen Ausschweifungen liege".

Die Anklage

Die Pauerin wohnte im Haus Ihres Arbeitgebers, dem Höllschmied Altinger. Zeugenaussagen sprachen von außergewöhnlichen Vorkommnissen. Die Fensterläden schlugen von selbst auf und zu. Auf der Treppe waren Schritte zu hören. Schmiedhämmer, Gewichte, Ziegeltrümmer, Hufnägel und Eicheln flogen herum, ohne erkennbaren Grund. Dem Mädchen wurde bald vorgeworfen, mit dem Teufel im Bunde zu stehen.

Die Hexenkammer

Am 27. Jänner 1749 wurde sie in die Hexenkammer des Mühldorfer Rathauses gebracht. Diese Kammer ist unversehrt erhalten geblieben und kann besichtigt werden. Sie ist ein dunkler und unheizbarer Raum in der Größe 2,80 m auf 3 m. In die Kammer kommt man durch eine rechteckige, doppelte, eisenbeschlagene Holztüre, die mit einem Guckloch versehen ist.

Die Hexe kommt nach Salzburg

Maria Pauerin kam nicht deshalb nach Salzburg, weil Mühldorf als Teil des Landes Salzburg galt, obwohl die Stadt in Bayern lag, sondern weil Hexenprozesse grundsätzlich eine Angelegenheit der geistlichen Gerichtsbarkeit waren. Daher war der Erzbischof als Diözesanbischof dieses Gebietes zuständig.

Am 4. Februar 1749 berichtete der Gerichtsschreiber von Mühldorf dem Erzbischof Jakob in Salzburg, dass im Hause des Höllschmieds unnatürliche Dinge vor sich gegangen seien. Nur die Kindsmagd Maria Pauerin habe stets gelacht und gar nichts gehört. Wenn aber die Magd aus dem Haus war, war alles wieder still und ruhig. Das Mädchen belastete sich selbst. Sie erzählte in einer Vernehmung, dass der böse Feind im gelben Rock (der Teufel) zu ihr gekommen wäre und sie zwischen dem rechten Ohr aufgekratzt hätte. Sie schrieb mit einer schwarzen Feder mit ihrem Blut auf ein Papier:"Ich, Marie Pauerin bin dein und du bist mein".

In Salzburg drängte man auf einen Abschluss des Verfahrens. Deshalb wurde sie einer Nacht- und Nebelaktion nach Salzburg gebracht. Während sie in der Hexenkammer in Mühldorf unbehelligt blieb, half man in Salzburg mit Folter kräftig nach, um endlich das Geständnis aus ihr herauszupressen, dass sie in Abhängigkeit zum bösen Feind stehe.

Die Verhandlungen

Am 11. April 1749 kommt es zur ersten Verhandlung in Salzburg. Die Pauerin wird gefragt, wann sie den Bösen das letzte Mal gesehen habe. Sie antwortet, dass sie ihn am Vormittag um 9 Uhr gesehen hätte. Einmal gibt sie sogar zu, sechsmal mit dem Bösen in ihrer Kammer Unkeuschheit getrieben zu haben. Insgesamt wurde sie mit 557 Fragen traktiert. Ihre eigenen Schauermärchen wurden ihr zum Verhängnis.

Ärztliches Zeugnis aus 1750

Ein Arzt untersuchte das Mädchen, ob der Teufel ihr mit seinen Krallen eine Wunde zugefügt hat:"Ich David Günther, bürgerl. Chirurgus allhier, verkünde hiemit, daß ich die auf dem Rathaus allhier verhaftete Marie Pauerin bey dem am 9. Juli vorigen Jahres gegen selbe verkehrten Examen hinter dem rechten Ohr, wo sie von dem bösen Feind aufgeritzt worden zu sein vorgab, allen Fleißes besichtigt, einiges Kennzeichen aber von mir bey geschehener Aufritzung nicht gesehen oder wahrgenommen".

Das Urteil

Das Urteil wurde vom Hofgericht Salzburg, nach der Halsgerichtsordnung, ausgesprochen:"Die Verurteilte wird wegen der abscheulichen Übeltaten mit dem Schwert vom Leben zum Tod hingerichtet und der entseelte Körper auf dem Scheiterhaufen verbrannt".

Der Scharfrichter

Es wurde befohlen, dass die Verurteilte sich einen Geistlichen auswählen darf, der ihr die Beichte abnimmt und das Abendmahl reicht. Am 3. Oktober 1750 wurde sie zum heutigen Salzburger Schrannenmarkt geführt, dort hingerichtet und verbrannt. Den Henkersknechten wurde aufgetragen, dass die Hinrichtung von jedermann gut zu beobachten sein solle.

Das Gerichtsverfahren in seiner heutigen Bedeutung

Der Heimatbund Mühldorf:"Das Gerichtsverfahren um die 16jährige Maria Pauer erscheint dem heutigen Betrachter im Rückblick viel bedeutsamer, als den unmittelbaren Zeitgenossen. Die selbstgenügsam verschlafene Bürgerlichkeit ist durch diesen Vorfall nicht aufgeschreckt worden. Es gab weder eine außergewöhnlich neugierige Anteilnahme innerhalb der Einwohnerschaft, noch waren besondere Polizeiaktionen notwendig. Von Protesten oder spontanen Sympathiekund-gebungen gar nicht zu reden. Es lohnte sich einfach nicht, über eine ledig geborene Magd nachzudenken". (kGru)