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Foto: Reuters/Philpott
Berlin - Der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschafts-Archivs, Thomas Straubhaar, erwartet als Folge des Anschlags in Saudi Arabien eine nur kurzfristige Auswirkung auf den Ölpreis. Grundsätzlich sieht der Wirtschaftsforscher in einem hohen Ölpreis vor allem für die Konjunktur in Europa Gefahren.

Als Konsequenz werde der Ölpreis die nächsten Tage wohl nach oben gehen, sagte Straubhaar am Sonntag. Das sei nicht erfreulich, da nach Angaben des Verbandes der deutschen Automobilindustrie die deutschen Autohersteller unter den steigenden Ölpreisen zu leiden beginne. "Es kommt kein Rückenwind, sondern das ist eher ein Gegenwind für die ohnehin noch schwache Konjunktur in Deutschland." Zur Frage, ob der Anschlag dauerhaft für einen Anstieg des Ölpreises sorgen könnte, antwortete er: "Diese Anschläge in Saudi Arabien, das wird ein sehr kurzfristiger Effekt sein." Die Ölpreise würden sich vor allem wegen steigender Nachfrage verteuern. Straubhaar erklärte, Europa sei schlechter als der Rest der Welt gegen einen hohen Ölpreis gewappnet und sagte, Europa könnte sich einer Stagflation, also einer von volkswirtschaftlichem Stillstand begleitete Inflation, nähern.

Steigende Nachfrage

Straubhaar räumte ein, kein Experte in Fragen der saudiarabischen Ölpreispolitik zu sein, fügte aber hinzu: "Ich denke in der Tat, dass hier Saudi Arabien kein allzu großes Interesse hat, die Preise ins Unermessliche steigen zu lassen." Aus früheren hohen Ölpreisen habe das arabische Land gelernt, dass dies auf die Öl produzierenden Staaten zurückfalle. In den Verbraucherländern würde dann nach Ersatz und Effizienzsteigerung gesucht.

"Die Ölpreise steigen ja weniger aus Angebotsverknappungsstrategien heraus, sondern es ist ja diese steigende Nachfrage, über die wir uns ja eigentlich freuen sollten", erklärte Straubhaar. Die wachsende Nachfrage sei ein Zeichen dafür, dass die Weltkonjunktur das erste Mal seit 30 Jahren in den USA, Südostasien, Japan und eben auch in schwächerer Form in Europa gleichzeitig nach oben gehe. "Und das wird natürlich schon noch über ein paar Monate zu steigenden und hohen Ölpreisen führen." Dann würden wahrscheinlich Substitutionseffekte - wie Ersatz für die Energie aus Öl oder Steigerungen der Effizienz beim Ölverbrauch - greifen oder neue Quellen erschlossen werden.

Er verwies darauf, dass Russland von dieser Entwicklung offenbar profitieren und seine Fördermengen ausweiten wolle. "Aber das bedarf natürlich schon ein paar Monate der Reaktionszeit."

Zu den konjunkturellen Auswirkungen sagte Straubhaar: "Für Europa sehe ich natürlich schon ein Problem, anders als eben für die Weltwirtschaft insgesamt, dass die steigenden Ölpreise hier in Europa zu steigender Inflation führen werden." Bei steigender Inflation und wenn Europa gleichzeitig hinter den USA im Wachstum und den Wachstumserwartungen zurückbleibe, werde eine Abwertung des Euro kommen. "Beide Effekte - die Abwertung wird noch mal die Ölpreise und die Rohstoffpreise und die Importpreise anheben - führt zu dieser importierten Inflation und das wird dazu führen, dass früher oder später die EZB (Europäische Zentralbank) die Zinsen wird anheben müssen." Bei dieser Entwicklung könnte Europe "so etwas wie sogar Stagflationszeiten" durchaus streifen.

"Weltweit würde ich etwas weniger pessimistisch deshalb sein, weil ... der steigende Ölpreis zunächst einmal dazu führen wird, dass Inflationsdruck und Inflationspotenzial aufgebaut werden wird und natürlich auch Kaufkraft wegnimmt aus der Weltwirtschaft", sagte der Präsident des Instituts. In Nordamerika und Südostasien sei der Aufschwung aber stark genug - selbst wenn die Notenbanken früher oder später die Zinsen anheben würden - um nicht abgewürgt zu werden. (APA/Reuters)