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Die Nutzung des SMS am Handy nimmt immer skurrilere Formen an. In Großbritannien beispielsweise beendet bereits jeder fünfte SMS-Nutzer Beziehungen nicht mehr durch ein Gespräch, sondern via elektronischer Kurznachricht: "Lieber John :-( Das war's". Auch in Österreich ist eine solche Tendenz feststellbar, bestätigt der Salzburger Psychologe Alexander Keul im APA-Gespräch. An der Universität Salzburg wurde soeben eine der ersten europäischen nichtkommerziellen Studien über die SMS-Nutzung fertig gestellt.

Erfolgszug

Das Short Message Service, kurz SMS, boomt auf dem gesamten Globus explosionsartig. Wurden 2002 weltweit monatlich rund 24 Milliarden Kurznachrichten verschickt, waren es im Jahr darauf alleine in China schon 18,3 Milliarden pro Monat. In Österreich gingen allein zum vergangenen Jahreswechsel 22 Millionen SMS auf die Reise. "Das ist ein absolut wild durchstartender Sektor, die Frage ist nur, was will die viele Kommunikation", so Keul.

Auch wenn heikle Themen zusehends häufiger per SMS kommuniziert werden, verdränge das SMS das persönliche Gespräch oder den direkten Kontakt gewiss nicht, weil ja der häufigste Inhalt eines SMS (auch in Österreich) das Treffen einer Verabredung, eine Einladung oder Ähnliches sei. Von 170 Fragebögen, die bei der Salzburger Studie ausgewertet wurden (die Feldarbeit leisteten Nadja Gruber und Claudia Mikstetter), wurde 55 Mal dieser Grund genannt. "Aber ich kann mir natürlich per SMS auch Leute, die ich nicht mag, wunderbar vom Pelz halten", so Keul.

Vorzugsweise

Gleichzeitig gaben immerhin 22 Prozent der Jugendlichen (zwölf bis 19 Jahre) und 21 Prozent der 20- bis 29-Jährigen an, dass sie das SMS dem direkten Gespräch vorziehen, wenn sie "redefaul" seien, "soziale Ängste" hätten, oder einfach, weil es "unpersönlich" sei. "Damit ist belegt, dass es sich um ein niederschwelliges Medium handelt", meint Keul. Eine Erhebung des Instituts für systemische Marktforschung (MAFOS) aus dem Herbst 2003 ergab, dass unangenehme Dinge oder Inhalte mit höherer Hemmschwelle von jedem zweiten Österreicher lieber unpersönlich (26 Prozent per SMS und 27 Prozent per E-Mail) kommuniziert werden.

Auch bei einer finnischen Interviewstudie habe sich gezeigt, dass man sich im SMS "weiter hinauslehnt" als im direkten Gespräch. SMS waren direkter, kürzer frecher - und SMS-Beziehungen ebenso rasch wieder vorbei. Persönlich und elektronisch seien eben zwei Ebenen der Kommunikation, analysiert Keul. Zudem laufe das SMS bei Jugendlichen als "stille Post" an den Eltern vorbei, "per Knopfdruck ist es gelöscht". Andererseits haben viele österreichische Befragte SMS-Nachrichten so lieb gewonnen, dass sie sie jahrelang im Speicher behalten.

Warnung

Auch wenn es in Österreich keine Verleumdungs-Kampagnen via SMS gibt wie beispielsweise in Südafrika oder in Australien und keine "epidemische Sprachlosigkeit zu befürchten ist", sollte man durchaus über Ethik diskutieren, meint Keul. "Eltern wie Pädagogen sollten den Umgang mit der Technik thematisieren. Überlegt euch gemeinsam, wie soll eine für alle vernünftige Nutzung des SMS ausschauen." (APA)