Wien – Das Geriatriezentrum "Am Wienerwald" (GZW) ist seit 2003 wieder Anlass einer heftigen politischen Auseinandersetzung, die sogar zur Einrichtung einer Untersuchungskommission führte.

Lange schwelende Gerüchte wurden im Frühjahr 2003 konkret, als sich der Sachwalter Harald Haas bezüglich der Betreuung einer Patientin im Pavillon 1 beschwerte: "Egal zu welcher Uhrzeit, zu 90 Prozent meiner Besuche war Frau K. im Bett, auch am Vormittag." Die Frau, seit 37 Jahren Patientin im Pflegeheim, wollte aber keineswegs dauernd liegen. Der Personalmangel sei offensichtlich gewesen.

Stadträtin Elisabeth Pittermann (SP) veranlasste, dass die bis dahin nur für private Einrichtungen zuständige MA 47 auch städtische Einrichtungen kontrollierte. Der Prüfbericht von Johanna Ehmsen-Höhnl war vernichtend. Sie fand Frau K. im Rollstuhl halb liegend vor. Die Frau machte einen ungepflegten Eindruck. Die Hände seien schmutzig gewesen. Zudem habe die korpulente Patientin keine Fußrasten an dem Rollstuhl gehabt, die geschwollenen Beine baumelten frei. In der Pflegedokumentation fehlten Eintragungen.

Stadträtin Pittermann attackierte ursprünglich die Leitung des Krankenanstaltenverbundes (KAV) und setzte Werner Vogt als Pflegeombudsmann ein. Gleichzeitig wurde ihr aber auch von Bürgermeister Michael Häupl das Heft aus der Hand genommen. Häupl ordnete eine Kontrollamtsprüfung an, kündigte eine Reform der Pflege in Wien und einen Zuschuss für das Pflegepersonal an.

Am 23. Oktober nahm dann eine gemeinderätliche Kommission ihre Arbeit auf, um die politische Verantwortung zu klären. Wobei schon bald auch die FPÖ Pittermann als "teilweise entlastet" ansah.

Kontrollamt: Kein "Pflegeskandal"

Das Kontrollamt deckte im Frühjahr 2004 zwar neuerliche Pflegemängel in Lainz auf – betonte aber, dass von einem "Pflegeskandal" nicht die Rede sein könne. Mitte Mai erklärte Häupl dann vor der Lainz-Kommission, er trage "selbstverständlich die politische Verantwortung", dass im GZW nur "20 bis 25 Prozent" der Vorgaben eines Gemeinderatsberichtes von 1993 umgesetzt worden seien.

Erstmals in Verruf gekommen war Lainz im April 1989, als im Krankenhaus Tötungen betagter Patienten durch vier Stationsgehilfinnen aufflogen. Angeklagt wurden schließlich 40 vollendete und zwei versuchte Morde. Zwei der Angeklagten wurden zwei Jahre danach im Landesgericht Wien zu lebenslanger Haft verurteilt, die beiden anderen zu 20 und zwölf Jahren. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 02.06.2004)