Es bedarf viel positiven Denkens, an diesem Tag mit seinen vielen Toten im Irak einen Streifen am Horizont zu sehen. Aber man sollte es zumindest versuchen. Die hier vor ein paar Tagen aufgestellte Behauptung, dass die kommende irakische Regierung ein Recycling der von den USA ernannten Regierungsratsmitglieder plus der von diesen mit US-Konsens ernannten Minister sein wird, wurde am Dienstag zwar durch die verfrühte Selbstauflösung des Rats unterstrichen: Die Mannschaft ist ja quasi geschlossen in die Regierung gewandert. Trotzdem kann nach dem tagelangen Ringen auch nicht mehr behauptet werden, dass die USA im Irak ganz einfach eine ihnen genehme Marionettenregierung durchgesetzt haben.

Besonders der Präsident, Ghazi al-Yawir, hat bestimmt das Zeug zu einer Integrationsfigur: ein Sunnit ohne Partei und mit konservativ tribalem Hintergrund, der gute Beziehungen zu den Kurden und zu den Schiiten hat. Die Übergangsregierung zementiert aber auch einmal mehr die Konfessionalisierung und die Ethnisierung der Politik, die in der Post-Saddam-Ära Einzug im Irak gehalten haben: Ein religiöser Schiit (Ibrahim Jafaari) und ein Kurde der Barzani-Partei DPK (Rowsh Shaways) sind Vizepräsidenten, dem nicht religiösen schiitischen Premier (Iyad Allawi) wurde ebenfalls ein Kurde zur Seite gestellt, einer aus der Talabani-Partei PUK (Barham Salih), da es ja auch noch innerkurdische politische Interessen zu bedenken gibt.

Dass das viele Iraker als simple Aufteilung von Pfründen unter denen, die nah an der US-Macht sitzen, verstehen, wundert nicht. Aber bei der gegenwärtigen Sicherheitslage war eben nicht einmal der einfachste demokratische Auswahlprozess möglich. Man kann sich nur wünschen, dass sich das bis zu den geplanten Wahlen im Jänner 2005 ändert und dass dann - nach der Radikalisierung der Nachkriegszeit - noch Kräfte zum Zug kommen, mit denen die Demokratie im Irak eine Zukunft hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.6.2004)