Im Norden haben die sunnitischen Shammar gute Verbindungen zu den Kurden, und im Süden sind Teile des Stammes, der auch in Saudi-Arabien, den Emiraten und im Jemen zuhause ist, schiitisch. Yawir pflegt zu erzählen, dass seine Mutter ihn immer Respekt vor allen Konfessionen, auch vor dem Christentum, gelehrt habe.
Der in Mossul geborene, 46-jährige Ghazi al-Yawir ist von Beruf Zivilingenieur, er studierte in Saudi-Arabien und in den USA (Georgetown) und arbeitete die letzten fünfzehn Jahre vor dem Fall Saddam Husseins in hoher Stellung (als Vizepräsident einer Technologiefirma) in Riad. Mit seiner Arbeit im Interimistischen Regierungsrat, dem er zuletzt nach der Ermordung von Izzedin Salim für kurze Zeit vorstand, versuchte der parteilose Yawir mit dem Klischee aufzuräumen, dass alle irakischen Sunniten dem Lager von Saddam Hussein angehörten.
Tatsächlich hatten Teile seines Stammes gerade in den Neunzigerjahren immer wieder Ärger mit dem irakischen Regime, allerdings nicht etwa aus ideologischen Gründen: Im Zuge der Stärkung seiner Klientel nahm Saddam Hussein verschiedentlich den Shammar Land weg, um es anderen zukommen zu lassen. Saddam Hussein war übrigens 1959 auf der Flucht nach seinem missglückten Attentat auf General Qassim bei den Shammar untergeschlüpft, bevor er nach Ägypten flüchtete.
Yawir, der immer in arabischer Kleidung unterwegs ist – so etwas hat es in der irakischen Politik lange nicht mehr gegeben – und sein Embonpoint mit einem gemütlichen Lächeln vor sich hin trägt, hat sich den amerikanischen Unmut zugezogen, als er das Vorgehen der US-Armee in Falluja (vor der Einigung zwischen Aufständischen und Besatzern) als "Genozid" bezeichnete. Damals drohte er auch mit dem Austritt aus dem Regierungsrat, den er jedoch aus seiner Kritik – "Wir haben versagt" – nicht aussparte.