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Gerrit Zalm, niederländischer Finanzminister und Vielraucher, bekommt nun auch eine Mahnung aus Brüssel: Nicht wegen der Zigaretten, sondern weil das Defizit ausufert.

Foto: Reuters
Der Klub der Defizitsünder wird immer größer: Die EU-Finanzminister werden bei ihrem Ecofin-Treffen in Luxemburg ein Defizitverfahren gegen die Niederlande einleiten. Die Niederlande haben ihre Defizitprognose auf 3,2 Prozent korrigiert – und liegen damit deutlich über den im Stabilitätspakt festgeschriebenen drei Prozent. Da aller Voraussicht nach die drei Prozent auch 2004 und 2005 für die Niederlande außer Reichweite liegen, hat sich die EU-Kommission für ein Defizitverfahren ausgesprochen.

Akzeptiert

Die Niederlande haben das auch bereits im Vorfeld des Ecofin akzeptiert. Ganz im Gegensatz zu Italien, das sich heftig gegen die Einleitung eines Defizitverfahrens wehrte und bis zum Ecofin-Treffen im Juli eine Schonfrist bekommen hat, durch die Vorlage eines Sparprogramms den drohenden "blauen Brief" der Defizitwarnung abzuwenden. Ebenfalls im Juli wird über die negative Budgetsituation Griechenlands gesprochen, Deutschland und Frankreich stehen schon seit drei Jahren am Brüsseler Defizit-Pranger. Nun kommen auch die Niederlande dazu.

Problem Referendum

Während die Einleitung des Defizitverfahrens gegen die Niederlande ohne gröbere Diskussionen über die Bühne geht, wird bei einem anderen Thema bis zur allerletzten Minute verhandelt: bei der Zinsertragssteuer. Eigentlich wollten die EU-Finanzminister heute, Mittwoch, eine EU- Richtlinie beschließen, wonach die Mitgliedsstaaten ab Jänner 2005 Informationen über Zinserträge austauschen. Voraussetzung für diese Zinsensteuer-Harmonisierung ist aber, dass Drittstaaten wie die Schweiz und Kleinstaaten wie Andorra, Monaco und Liechtenstein "gleichwertige" Systeme einführen.

"Technische Probleme

Mit den Kleinstaaten gibt es zwar noch "technische Probleme", die aber bis Mittwoch (?)geklärt werden könnten. Wesentlich gravierender ist, dass die Schweiz nicht garantieren kann, das Abkommen planmäßig am 1. Jänner in Kraft zu setzen. Zu dieser möglichen leichten Verspätung kommt noch der Unsicherheitsfaktor einer Volksabstimmung: Dieses Referendum ist zwar nicht vorgeschrieben, kann aber eingeleitet werden – nun wird EU-intern darüber debattiert, was bei einem Nein der Schweizer passiert.

Noch ist offen, ob die Richtlinie eine Art Sicherheitsklausel für den Fall enthalten soll, dass die Schweiz doch kein Abkommen über den Umgang mit Zinserträgen von EU-Bürgern in Kraft setzen. Ein Ausweg wäre auch, die Richtlinie zur Zinsertragssteuer nicht mit 1. Jänner, sondern erst später in Kraft zu setzen. Dazu müssten die EU-Finanzminister noch einmal zusammen kommen – etwa am Rande des EU-Gipfels Mitte Juni. Diskutieren werden die Finanzminister auch die Wachstumsprognose. Diese könnte aufgrund des Ölpreises gesenkt werden. (Eva Linsinger aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.6.2004)