Najaf/Kerbala - Schiitische Religionsgelehrte haben am Dienstag die Ernennung des sunnitischen Stammesscheichs Ghazi al Yawar zum neuen irakischen Präsidenten kritisiert. Der umstrittene schiitische Politiker Ahmed Chalabi, der dem inzwischen aufgelösten Regierungsrat angehörte, aber keinen Posten in der neuen Regierung erhielt, ignorierte die Ernennung von Yawar und verbrachte den Tag stattdessen in Najaf bei Gesprächen über die Waffenruhe zwischen der radikalen "Mahdi-Armee" und den Besatzungstruppen in den Schiitenstädten.

"Wir stehen vor der Verwirklichung des Friedensabkommens für Najaf und Kerbala", sagte Chalabi in Najaf. Die US-Verwaltung hatte Chalabis Büro in Bagdad vor einigen Tagen durchsuchen lassen. Seither sind die Beziehungen zwischen dem einstigen Partner des US-Verteidigungsministeriums und der Besatzungsmacht gespannt.

Der Imam der berühmten Hussein-Moschee in Kerbala, Abdelal el Yasiri, kritisierte die Art und Weise wie der Präsident ernannt wurde. "Diese Entscheidung repräsentiert nicht den Willen des Volkes", sagte er. Der Regierungsrat, der Scheich Ghazi ausgewählt habe, sei eine erfolglose Institution und der verlängerte Arm der US-Besatzung gewesen, begründete er seine Ablehnung.

"Warum muss der Präsident ein Sunnit sein und kein Schiit, in der gesamten Geschichte des Irak waren die Präsidenten immer Sunniten", sagte Scheich Mohammed Chatib von der Abbas-Moschee, dem zweiten wichtigen Heiligtum der Stadt. Positiv äußerten sich lediglich einige schiitische Stammesführer, die erklärten, es sei gut, dass eine von den Stämmen anerkannte Persönlichkeit den Posten bekleide. (APA/dpa)