Nach all dem, was schon vergebens über Verkehrsmoral und Unfallgeschehen, über Hirn und Gasfuß geschrieben und gesagt wurde, möchte man sich eigentlich resigniert abwenden. Sie werden halt nicht gescheiter, die Heißsporne und Junggebliebenen an den Lenkrädern. Stoff geben, durch die Gegend fetzen, den anderen den Auspuff zeigen - bis es kracht.

Das ist die blutige Wahrheit. Sie lässt sich nicht einfach hinnehmen, zu viele Unschuldige werden Opfer dieser Raserei. Die andere Seite ist: Diese Wahrheit tritt uns meist nur als statistische Größe vor Augen. Kommt eine dieser Unfalltragödien näher an uns heran, beginnt sie uns persönlich zu berühren, unsere Emotionen zu wecken, sieht die Sache schnell anders aus - aber bis dahin lässt sich das alles bequem verdrängen.

neinsichtigkeit in hohem Maß

Ein wenig wundern wir uns vielleicht, dass es so etwas wie ein alljährliches GTI-Treffen in Österreich immer noch oder überhaupt geben kann. "Gummi, Gummi" - Gas geben, dass die Reifen qualmen - kommt wahrscheinlich manchen komisch vor. Doch es lässt sich gut damit leben, selbst gescheiter zu sein, es am Volant besser zu können.

Das ist Uneinsichtigkeit in hohem Maß. Es wird dem Problem jedoch mit großer Wurschtigkeit begegnet, mit Sparzwängen bei der Exekutive, mit dem Kalkül von Wählerstimmen. Wer kaum je erwischt wird, wer kaum je damit rechnen muss, für seine Fahraggression geradestehen zu müssen (solange nichts passiert), wer darauf bauen kann, mit der Mehrheit zu sein, wenn er sich über ein Tempolimit großzügig hinwegsetzt, der wird nur schwer Anlass zu einer Verhaltensänderung finden.

Das ist alles nicht sehr neu, das wurde alles schon so ähnlich gesagt und geschrieben, mit bekanntem Effekt. Jede Woche neu ist nur die Zahl der Toten. (DER STANDARD; Printausgabe, 2.6.2004)