"Am Grill wird mit der Beute hantiert, die mit eigenen Händen in freier Natur zubereitet wird", sagte Degele. Thematisch gehe es um den wilden Mann, der für die Nahrungsaufnahme hart arbeiten müsse und der für die Versorgung der ganzen Gruppe verantwortlich sei. Außerdem werde am Grill die Rolle in der Gesellschaft entschieden. "Wer Feuer anzündet, steht in der Sozialhierarchie ganz oben", sagte die Professorin, die an der Freiburger Universität das vor drei Jahren gestartete Forschungsprojekt "Grillen und Lebensstil" leitet.
Gemeinschaftsgefühl unter Rauchschwaden
"Grillen wird in Deutschland immer beliebter", sagte Degele. Das Hantieren mit der Bratwurstzange gelte mittlerweile als "Lifestyle-Phänomen an der Schnittstelle zwischen Tradition und Moderne". Grillfans würden vor allem die Gemeinschaft schätzen. Sie erinnere an Zeiten, in denen an Feuerstellen gemeinsam das Essen zubereitet und zu sich genommen wurde.
"Grillen ist auch ein Ritual, bei dem die Zugehörigkeit zu einer Gruppe gezeigt wird", sagte Degele. Burschen und Männern sei wichtig, einer Gruppe anzugehören und sich dort darzustellen. Dies funktioniere am Grill besonders gut.
Rollenverteilung wie anno dunnemals
"Männer tun eher Dinge draußen, die sichtbar sind. Das ist prestigeträchtiger als die Arbeit hinter Fenstern und Türen", sagte Degele weiter. Während Hausarbeit auf wenig Gegenliebe stoße, stehe das Grillen hoch im Kurs. Die Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen sei beim gemeinsamen Grillen klar geregelt.