Manchmal kann auch Schweigen eine beredte Antwort sein. Und nichts als Schweigen erntete Karl-Heinz Grasser von seinen EU-Finanzminister-Kollegen bei der Ecofin-Tagung in Luxemburg auf seine jüngste Idee, Defizitsünder mit Stimmrechtsentzug zu bestrafen. "Auf so etwas reagieren wir nicht", hieß es dazu aus Diplomatenkreisen. Und Grasser selbst gestand ein: "Mich hat kein einziger Finanzminister darauf angesprochen."

Er ist dennoch zuversichtlich, eine "Debatte" in Gang zu bringen und bleibt dabei: Der Stabilitätspakt müsse gestärkt werden, dafür brauche es auch Sanktionen. Und: "Nachdem Geldstrafen als Sanktionen offenbar nicht wirken, weil sich Länder nicht gern selber bestrafen, muss über das Stimmrecht nachgedacht werden. Deutschland konnte etwa selbst über Sanktionen gegen sich mitstimmen." Daher müsse über einen Entzug des Stimmrechts für Defizitsünder nachgedacht werden. In welchen Bereichen Schuldenländer nicht mitstimmen sollen dürfen, "nur" bei Defizitfragen oder auch in ganz anderen Gebieten wie etwa der Landwirtschaft, darauf wollte sich Grasser nach der Kopfwäsche für seine Ideen durch Kanzler Wolfgang Schüssel nicht festlegen.

Zinsfrist bis Ende Juni

Nicht festgelegt haben sich die EU-Finanzminister Mittwoch in Luxemburg auch auf den Starttermin für die grenzüberschreitende Zinssteuer. Eigentlich sollte diese harmonisierte Steuer ab 1. Jänner 2005 gelten, Voraussetzung dafür war, dass Drittstaaten wie die Schweiz gleichzeitig gleichwertige Regelungen einführen. Die Schweiz kann den Termin aber sicher nicht einhalten, wenn eine Volksabstimmung über die Zinssteuer verlangt wird.

Daher haben die Finanzminister keinen Termin für die Einführung der Zinssteuer beschlossen, sondern die EU-Kommission aufgefordert, bis Ende Juni mit der Schweiz über einen verbindlichen Starttermin zu verhandeln. Finanzminister Grasser war mit dieser Teilverschiebung zufrieden: "Mir und Staaten wie Luxemburg war wichtig, die Steuer nicht in der EU einzuführen, bevor die Schweiz ein Datum für die definitive Umsetzung auf den Tisch legt."

Von den Verhandlungen bis Ende Juni wird aber nicht erwartet, dass die Schweiz den Termin 1. Jänner 2005 garantieren kann. Vielmehr wird mit einer Verschiebung der Einführung der Steuer um einige Monate gerechnet. Ende Juni wollen die Finanzminister erneut über das Zinsertragsabkommen beraten. (Eva Linsinger aus Luxemburg, Der Standard, Printausgabe, 03.06.2004)