In Paris schrieb Le Figaro Ende April von einer der "schwersten Krisen, die Frankreich je erlebt hat". Tatsächlich graben Wein produzierende Überseeländer wie Australien und derzeit vor allem Chile den europäischen Weinnationen wie Frankreich das Wasser ab.
Frankreich versteht Wein als Teil des nationalen Kulturerbes, und, wie viele Weinbaunationen der Alten Welt, als direkten Ausdruck der Herkunft. Regierungsinstitutionen wie z. B. die INAO, jene Behörde, die für die Überwachung des 1936 eingeführten Appellationssystems (AOC) zuständig ist, verleihen dem Ganzen politisches Gewicht.
Es wirbelt daher einigen Staub auf, wenn der Präsident einer solchen, René Renoux, Chef der INAO, eine Reform des Systems vorschlägt. Die Neue Welt mache es Kunden leichter, mit Markenweinen und Vermarktung über Rebsorten. Bei französischen Weinen habe man die Qualitäten aus den Augen verloren und wofür AOC stehe. Die Lösung sei eine neue AOC-Klasse, die AOCE (Appellation d'Origine Controllée d'Excellence), und die Kennzeichnung von Betrieben, die zusätzliche Standards einhielten.
Das Appellationssystem ist wie fast überall in der Alten Welt (Ausnahmen z. B. Deutschland, Österreich) die Grundlage der Qualitätsdefinition. Hierzulande war es eines der Vorbilder für die DAC-Regelung (Districtus Austria Controllatus). Interprofessionelle Komitees (Produzenten, Händler, Behörden) befinden in den Regionen darüber, was ein gebietstypischer Wein ist. Idee ist, größere Weinmengen zur Verfügung zu haben, die einem definierten Geschmack entsprechen, was die Vermarktung erleichtern soll. Bisher kam eine DAC-Regelung nur im Weinviertel zustande. (Der Standard, Printausgabe, 03.06.2004)