Tallinn - Linkisch lächelt der estnische Ministerpräsident Juhan Parts von den Wahlplakaten - gemeinsam mit US-Präsident George W. Bush. Die raffinierte Fotomontage, die nach den Worten von Parts "die innenpolitische Diskussion anregen" sollte, sorgte für ein Protestschreiben der US-Botschaft, die ihren Präsidenten nicht in einen europäischen Wahlkampf hineingezogen haben wollte.

Ansonsten pflegen die nördlichsten Balten auch vor dem Votum für das Europaparlament ihren Ruf als EU-Skeptiker. Mit vergleichsweise niedrigen 67 Prozent Zustimmung hatte sich die Ex-Sowjetrepublik in einer Volksabstimmung für den Beitritt zur EU entschieden. Umfragen zufolge dürften nun die sechs estnischen Abgeordnetensitze im Europaparlament von Vertretern der bürgerlich-konservativen Regierung und der linkspopulistischen Zentrumspartei besetzt werden. Chancen auf einen Sitz haben auch die oppositionellen Sozialdemokraten mit dem populären Ex-Außenminister Toomas Ilves als Spitzenkandidaten.

Im Wahlkampf stritten sich die Bewerber hauptsächlich über das inländische Steuersystem: Während die Regierung durch Steuersenkungen (a la Bush) Investoren anlocken möchte, propagiert die Opposition höhere Abgaben, um das Sozialsystem zu stärken. Eins ärgert die Politiker in Tallinn aber parteiübergreifend: Nach ihrer Einschätzung sind die Einflussmöglichkeiten in der EU für Estland knapp bemessen. (APA/dpa)