Am 11. Juni stimmen die Parlamentsabgeordneten zum zweiten Mal darüber ab, ob sie dem Interims-Ministerpräsidenten das Vertrauen aussprechen. Mitte Mai hatte Belka die erste Vertrauensabstimmung verloren. 188 Parlamentarier hatten für ihn und sein Regierungsprogramm, 262 dagegen gestimmt. Belka war offiziell zurückgetreten, führt die Regierungsgeschäfte aber provisorisch weiter. Sollte der parteilose Finanzexperte erneut keine Mehrheit bekommen, muss Präsident Alexander Kwasniewski laut Verfassung "unverzüglich" Neuwahlen ausrufen. Experten interpretieren die Verfassung so, dass die Wahlen dann spätestens Anfang August stattfinden müssten.
Neuwahlen im August dürften in erster Linie jene Parteien begünstigen, deren Wähler im Sommer nicht auf Urlaub fahren. Das trifft vor allem auf die beiden Bauernparteien - die gemäßigte PSL (Polnische Volkspartei) und die radikale Samoobrona - zu. Der PO-Vorsitzende Donald Tusk appellierte deshalb an den Präsidenten, die Wahlen bis September aufzuschieben. Kwasniewski erteilte dieser Bitte am Donnerstag allerdings eine klare Absage: Dies lasse die Verfassung nicht zu.
Damit setzt Kwasniewski die Bürgerplattform Beobachtern zufolge unter Druck, denn er hofft noch immer auf deren Unterstützung für Belka im Parlament. Gleichzeitig unterbreitete der SLD-Vorsitzende Krzysztof Janik der PO ein Angebot: Die Bürgerplattform solle am 11. Juni für Belka stimmen, damit das amtierende Parlament zumindest noch die geplante Gesundheitsreform und das Budget 2005 verabschieden könne. Dafür stellte Janik noch heuer Neuwahlen in Aussicht. Tusk wies dieses Angebot zurück. Eine Regierung unter Belka würde sich "in erster Linie um die politischen und materiellen Interessen der SLD kümmern", sagte er.
Die Bürgerplattform lieferte am Mittwoch noch ein weiteres Argument für eine Verschiebung der Neuwahlen. Nur so sei es möglich, das in Polen geltende proportionale Wahlrecht durch ein Mehrheitswahlrecht zu ersetzen. Diese Argumentation dürfte Beobachtern zufolge aber nur vorgeschoben sein. Obwohl die meisten Parteien eine solche Verfassungsänderung unterstützen, würde die Diskussion darüber vermutlich Monate in Anspruch nehmen.