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An den Feiern nahmen zahlreiche Staatschefs und Mitglieder der Königshäuser Europas teil - hier (v. rechts nach links) König Harald V. von Norwegen, der russische Präsident Vladimir Putin, US-First Lady Laura Bush, der US-Präsident George W. Bush, daneben - teilweise verdeckt - Bernadette Chirac mit Jaques Chirac, der britische Prinz Philip Duke of Edinbrugh, und die niederländische Königin Beatrix mit dem belgischen König Albert II.

Foto: Reuters/Eric Gaillard

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US-Präsident George W. Bush und der französische Präsident Jacques Chirac bei der Zeremonie am US-Soldatenfriedhof in Colleville-sur-mer.

AP/JEROME DELAY
Die Alliierten von einst feierten am Sonntag in der Normandie erstmals zusammen mit Deutschland den militärischen Sieg über das Naziregime. Die Harmonie an den Landungsstränden wirkte allerdings etwas bemüht.

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Colleville-sur-Mer - Es ist ein trauriger Tag für die USA", meinte George W. Bush zum Auftakt der gigantischen Zeremonien an den Landungsstränden der französischen Ärmelkanalküste. Der Tod Ronald Reagans überschattete auf amerikanischer Seite nicht nur die Feiern, sondern auch den Auftritt Bushs. Denn der amtierende US-Präsident hatte einiges weniger zu bieten als Reagan vor 20 Jahren, der bei den damaligen 40-Jahr-Feiern des D-Day der Sowjetunion die Hand gereicht hatte.

Verzicht auf Parallele

Bush sprach wie sein verstorbener Vorgänger von "Versöhnung". Er gab sich selbst gegenüber dem französischen Präsidenten Jacques Chirac aufgeschlossen und verzichtete im Vergleich zu früher auf eine ausdrückliche Parallele zwischen dem Krieg gegen die Nazis und dem gegen den heutigen Terrorismus. Dafür begann er seine Rede mit den Worten: "Die Geschichte erinnert uns daran, dass Frankreich Amerikas erster Freund in der Welt war." Betonung auf "war"? Auf jeden Fall versprach Bush: "Wir würden es für unsere Freunde wieder tun", nämlich sie von einer Diktatur zu befreien.

"Unser Freund auf ewig

Chirac bedankte sich bei den Amerikanern erneut in farbigsten Worten für die Befreiung und nannte Amerika "unseren Freund auf ewig". Seine Ansprache enthielt allerdings eine klarere Spitze gegen die Bush-Administration: Die Werte, für die Blut vergossen worden sei, stünden auch in der UN-Charta, meinte der französische Staatschef in seinem Plädoyer für ein multilaterales Handeln. Im diplomatischen Sprachgebrauch von Paris bedeutet "multilateral" so viel wie "ohne Hegemonie einer Supermacht".

Bemüht

Ansonsten aber bemühten sich alle Seiten um einen harmonischen Ablauf des 60. Jahrestages des "längsten Tages". Das Bild, das die fast 20 Staatsoberhäupter am Nachmittag beim früheren Landungshafen der Alliierten in Arromanches boten, war aber durchaus eindrücklich: Neben Bush und Chirac, der britischen Königin Elizabeth II und deren Premierminister Tony Blair, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin stand in dem hochkarätigen Aufgebot auch der deutsche Kanzler Gerhard Schröder. Zwar unauffällig in der zweiten Reihe - aber immerhin. Beim 50. Jahrestag vor zehn Jahren hatte Helmut Kohl der halblaut geäußerten Einladung von Fran¸cois Mitterrand noch keine Folge geleistet. Jetzt war die deutsche Präsenz ein Zeichen, dass ein weiteres Kapitel in der Nachkriegsgeschichte zu Ende war: Berlin ist wieder ein Vollmitglied im Chor der Nationen.

Schröder wahrte Zurückhaltung

Schröder wahrte bei der Feier aber noch ostentativ Zurückhaltung. Diese Haltung bezeichnete er später am Tag, als er sich mit Chirac allein im Friedensmemorial von Caen traf, als "Lehre aus der Geschichte". Die Deutschen seien heute keine Pazifisten, weil sie wüssten, dass Hitlers Sturz nicht auf friedlichem Weg möglich gewesen sei. "Wir sind aber auch nicht leichthin bereit, zu militärischen Mitteln zu greifen", meinte er. "Wo aber militärisches Eingreifen nötig war und ist, entzieht sich Deutschland seiner Verantwortung für Frieden und Menschenrechte nicht." Das war eine Anspielung auf die Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan.

Vorsichtige Distanz

Die Aussage Schröders, dass Deutschland nur in wirklich nötigen Fällen militärisch eintrete, spiegelte die innenpolitische Debatte wider, ließ sich auch als - sehr vorsichtige - Distanzierung vom US-Militäreinsatz im Irak lesen. Der Kanzler stellte sich damit auch hinter Chirac, der sich zuvor etwas pointierter ausgedrückt hatte.

All dies machte deutlich, dass das diplomatische Ringen in der Irakfrage an diesem Tag einmal nicht mit dem Holzhammer, sondern mit Samthandschuhen ausgetragen wurde. Klar wurde aber auch, dass der transatlantische Zwist am 60. D-Jahrestag nicht ausgemerzt wurde. (DER STANDARD, Printausgabe 7.6.2004)