Arlon/Brüssel - Der Hauptverteidiger des mutmaßlichen Mädchenmörders Marc Dutroux will kurz vor Ende des Prozesses noch 95 zusätzliche Fragen untersuchen lassen. Einen entsprechenden Antrag wolle er am Montag im Gericht von Arlon stellen, kündigte Rechtsanwalt Xavier Magnee im belgischen Fernsehsender RTL-TVi am Sonntag an. Zu viele Tatbestände seien noch unklar. Ein "halber Dutroux-Prozess" sei aber nicht hinnehmbar, meinte Magnee.

Der Dutroux-Verteidiger kritisierte vor allem die Arbeit einiger Ermittler. Diese seien nur bestimmten Annahmen nachgegangen, hätten andere Möglichkeiten aber außer Acht gelassen. Magnee sagte dem Privatsender weiter, er sehe gute Chancen für eine positive Antwort des Schwurgerichts auf seinen Antrag. Falls die Richter die zusätzlichen Fragen tatsächlich untersuchen lassen, könnte das bereits drei Monate dauernde Verfahren ausgesetzt werden.

In seinem Plädoyer hatte der Anwalt am vergangenen Dienstag erklärt, wegen der vielen offenen Fragen könnten die Geschworenen nicht wie geplant Mitte Juni über Schuld und Unschuld der insgesamt vier Angeklagten entscheiden. Im Mittelpunkt des Prozesses steht die Entführung von sechs Mädchen Mitte der neunziger Jahre, von denen vier qualvoll starben. An diesem Montag sollten Staatsanwaltschaft und Nebenklage-Vertreter auf die Plädoyers antworten.

Unterdessen hat auch Jean-Denis Lejeune, der Vater eines der Opfer von Dutroux, Richter und Rechtsanwälte scharf kritisiert. Während der 14 Prozesswochen habe ihn nicht das Ehepaar Dutroux wütend gemacht, sondern die Verteidiger, sagte der Vater der ermordeten Julie der "Welt am Sonntag". Die Rechtsanwälte Xavier Attout und Olivier Sluzny hätten "keinen Respekt vor den Opfern und dem Schmerz von Vätern, Müttern, Geschwistern gezeigt". Auch Untersuchungsrichter Jacques Langlois habe viele Fragen nicht richtig gehandhabt und zu viele Spuren nicht richtig verfolgt, sagte Lejeune.

Der Vorsitzende Richter Stephane Goux sei nicht weit genug gegangen: "Er hat Angeklagte und Zeugen nicht ausreichend miteinander konfrontiert", meinte Lejeune. Die Rechtsanwälte Xavier Attout und Olivier Sluzny nannte er "unanständig". Nur der Hauptverteidiger von Dutroux, Magnee, habe sich anständig benommen. (APA/dpa)