Lange hat er sich zusammengerissen, das Kreuz durchgedrückt, schweigend Haltung bewahrt. Jetzt kann er nicht mehr. Tränen laufen über Denis Thomas' hochrotes Gesicht. Seine Tochter legt ihm den Arm um die Schulter, zieht ihn weg von dem Grab. Der alte Mann schluchzt.

Auf dem schlichten Stein steht eine Ziffer, die Nummer 14260672, und darunter ein Name: L. Worgan. Der Soldat Worgan saß neben Denis Thomas in einem Lastensegler der sechsten britischen Luftlandedivision. Am 6. Juni 1944, kurz nach Mitternacht, schwebten sechs dieser fliegenden Holzkisten auf zwei Brücken zu. Die eine spannte sich über den Fluss Orne, die andere, die legendäre Pegasus Bridge, über den benachbarten Caen-Kanal. Die 180 Männer in den Gleitern konnten beide Brücken im Handstreich erobern. Doch Thomas' Freund Worgan, ein Sanitäter, war schon tödlich verwundet, bevor der Segler überhaupt gelandet war.

"Abwehrfeuer von unten. Ein Splitter. Direkt neben mir. Es hätte auch mich treffen können." In Satzfetzen, mühsam um Fassung ringend, schildert Denis Thomas, was sich vor 60 Jahren zutrug. "Es ist wohl das letzte Mal, dass er hier stehen kann. Er ahnt es, nein, er weiß, dass es so ist", flüstert seine Tochter.

Auch 322 Deutsche

Auch 322 Deutsche sind hier begraben, aber nur einer von ihnen liegt im alten Teil des Friedhofs, gleich rechts neben dem 20-jährig gefallenen Worgan. Am Sonntag legte der deutsche Kanzler Gerhard Schröder auf dem Friedhof einen Kranz nieder.

"Ein deutscher Soldat", steht auf dem grauen Stein. Kein Name, kein Geburtsdatum, kein Sterbetag. Hier liege Schmidt, erzählt ein weißhaariger Brite, der seine zwei Enkelsöhne über den Kirchhof führt. Dieser Schmidt habe gerade eine Milchkanne getragen, als die Kugeln ihn trafen. Das wisse er ganz genau. (DER STANDARD, Printausgabe 7.6.2004)