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"Wie kommt es, dass wir immer weniger Kinder haben?" stellt der neu gewählte deutsche Bundespräsident Horst Köhler in seiner ersten Rede die Frage. Dies vor dem Hintergrund der nicht nur in Deutschland brisanten Frage im Zusamenhang mit dem neuen Gesetz zur Regelung der Einwanderung sowie dem Bestseller "Das Methusalem-Komplott", in dem der Autor, Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Folgen der deutschen wie auch gesamtwestlichen demographischen Entwicklung schonungslos darstellt.

Weniger Kinder und mehr Alte

Abgesehen von der absoluten Dimension besitzen die im Rahmen des Buches "Das Methusalem-Komplott" vorgestellten Berechnungen dieselbe Gültigkeit für Österreich wie auch die ganze westliche Hemisphäre. Derzeit hat Deutschland 82 Millionen Einwohner, 2050 werden es nur noch 70 Millionen sein, schätzt das Statistische Bundesamt. Die durchschnittliche Geburtenrate ist in Deutschland von 2,3 auf 1,4 pro Frau gesunken. Damit fehle ein Drittel der Kinder, die zur Erhaltung der Bevölkerungszahl erforderlich wären, sagen die Statistiker.

Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung dank Wohlstand und medizinischem Fortschritt. Heute sind 17,5 Prozent der Einwohner älter als 65 Jahre, 2050 werden es über 30 Prozent sein. Die Zahl der Erwerbspersonen wird von derzeit 41 Millionen auf etwas über 30 Millionen sinken. Dieser Schrumpfungs- und Alterungsprozess liesse sich nur durch eine jährliche Zuwanderung von 3,6 Millionen Ausländern ausgleichen - doch das wäre mehr als das Zehnfache der gegenwärtigen Immigration und somit nicht zu verkraften.

Der Bevölkerungsschwund bremst auf lange Sicht (Deutschlands) Wirtschaft

Nur in Italien und Japan verläuft diese Entwicklung noch bedrohlicher als in Deutschland. Sie wird das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft jedes Jahr um 0,5 Prozentpunkte verringern, rechnet Deutsche Bank Research vor. Damit wird das Bruttoinlandprodukt (BIP) auf längere Sicht stagnieren oder bestenfalls 0,5 Prozentpunkte zunehmen. Aber weder eine Steigerung der Geburtenzahlen noch eine verstärkte und qualitativ verbesserte Zuwanderung könnten die demographischen Lücken schliessen, betonen alle Fachleute. Ebenso kann der Einsatz von arbeitssparenden Technologien, Automaten und Computern den Rückgang der Beschäftigung nur zum Teil kompensieren. Der Produktivitätszuwachs pro Arbeitskraft müsste sich von derzeit einem auf zwei Prozent jährlich verdoppeln, was aber gleichzeitig als unerreichbar gilt.

Schrumpfende Heimmärkte...

Gemäß der von Autor Schirrmacher angeführten unterschiedlichen Untersuchungen wird zukünftig für alle Branchen, schon wie in den letzten Jahren deutlich erkennbar, der heimische Absatzmarkt zum Teil drastisch schrumpfen, sodass die Kapazitäten nach unten angepasst und die Investitionen verringert werden. Überall wird die Innovationskraft wegen des alternden Personals nachlassen. Davon sind die einzelnen Sektoren unterschiedlich betroffen. Recht günstig bleiben die Aussichten für exportintensive - und damit auch österreichische - Industriezweige wie Fahrzeug- und Maschinenbau, daneben auch Chemie und Elektrotechnik, weil diese Branchen von den dynamisch wachsenden Märkten in den neuen EU-Ländern, Ostasien und Amerika am stärksten profitieren.

...und profitable Bösensegmente

Für Börsianer ergeben sich daraus ganz klar ableitbare Konsequenzen im Sinne einer längerfristigen Veranlagung, und letzteres sollte ja bekanntlich, zumindest theoretisch, den Leitfaden jedes Aktieninvestments darstellen: Vor allem die Bereiche Pharma, Medizin- und Biotechnologie werden von der Alterung der Gesellschaft direkt und überproportional profitieren. Auch diese Entwicklung wurde in den letzten Jahren, selbst und gerade in den schrecklichen Börsenjahren, schon teilweise vorweggenommen: Aktien aus den Segmenten Dental- und Medizinaltechnik, insbesondere die Hüfttransplantathersteller, sowie Krankheitsversorger haussierten, während Pharma- und Biotechwerte von der allgemeinen Abschwungphase der Jahre 2000 bis 2003 genauso mitgerissen wurden wie von der Aufwärtsbewegung seit März letzten Jahres.

Trotzdem versprechen gerade Größen und Blue Chips wie Novartis, Bristol-Meyer-Squibb, Merck oder Amgen beträchtliches Kurspotenzial, und dies nicht einmal nur unter längerfristigen Gesichtspunkten, noch dazu vollkommen unabhängig von dem nach wie vor ungewissen konjunkturellen Verlauf. Falls dies nicht reicht, so dürften Anleger auch mit Viagra-Größen wie Pfizer oder Bayer gut bedient sein. Schließlich forderte der deutsche Bundespräsident abschließend in seiner eingangs erwähnten Rede: Deutschland müsse "nicht nur (wieder) ein Land der Ideen, sondern auch der Kinder werden!"