Bild nicht mehr verfügbar.

Ob man in der Freudenau oder bei Racino siegt, mag Ross und Reiter vielleicht egal sein - doch auf welcher Tribüne man sitzt, dürfte das Publikum dann doch in interessieren.

Foto: APA
Wien - Ebreichsdorfs Bürgermeister Josef Pilz ist ein Mehrfachgewinner. Denn als Frank Stronach neulich die Ebreichsdorfer in seiner ebenhier in die grüne Wiese gestellten und kürzlich eröffneten Rennbahn "Magna Racino" einlud, setzte Pilz ("ich habe gute Tipps bekommen") gleich zweimal auf das richtige Pferd - und durfte sich danach auch noch über eine Spende freuen: Stronach überreichte einen Scheck über 20.000 Euro. Für ein Viertel des neuen Gemeinde-Rettungswagens.

Freilich: Wunschlos glücklich ist so einer wie Stronach nie. Ob Ebreichsdorf denn nicht vielleicht ein Rennpferd kaufen wolle, wurde der Bürgermeister launig gefragt - und auf den nicht zuletzt dank der Gratistickets üppig gefüllten Tribüne hatte man eine Hetz, als Pilz sich ein bisserl wand.

30 Kilometer weiter nördlich blickt man mit Argwohn auf Stronachs opulent inszenierte Festspiele für Volk und Vertreter: "Wenn der, der das Gold hat, die Regeln macht, ist sein Spektakel natürlich für alle, die von seinem Gold abhängen, die spannendere Show", meint Karl Friedrich Habel ein wenig bitter. Denn dass Habels Rennplatz, die Freudenau im Wiener Prater, eine rund 170-jährige Renntradition vorweisen könne, sei durch all die wohlinszenierte Aufregung um Stronachs niederösterreichische Pferderennereien "aus dem öffentlichen Bewusstsein so gut wie verschwunden".

Dallas vs. Kaiserloge Und das, obwohl der Freudenauer Rennbetrieb vor der nicht einfach im Dallas-Bombaststil nachgebauten, sondern authentischen und denkmalgeschützten Kaiserloge "natürlich auch heuer stattfindet", wie Habel betont: Am Pfingstmontag etwa, als mit dem 136. Derby die diesjährige Frühjahrssaison am Traditionsstandort beendet wurde.

In seiner Funktion als Geschäftsführer der Interrace Rennbahn Management GmbH (IRM) ist Habel Betreiber und Besitzer des Galopprennplatzes im Prater. Die 1991 gegründete IRM hat 1996 die Freudenau auf hundert Jahre übernommen und sich verpflichtet, den Rennbetrieb aufrechtzuerhalten.

Einfach, stellte sich aber rasch heraus, war das nicht: Die Rennen wurden bis Ende des Vorjahres vom Austrian Racehorse Owners Club (AROC) bestritten. Außerdem spielt die AROC im für Reglement und Lizenzen entscheidenden Jockeyclub eine wichtige Rolle. Präsident des AROC: Frank Stronach - und dass der Racino-Chef wenig Interesse hat, die Freudenau wieder groß werden zu sehen, kann sogar Habel nachvollziehen.

Seit Anfang dieses Jahres gehen IMR und AROC aber vollends getrennte Wege: Stronach in Ebreichsdorf und Habel im Prater. Die Kleinheit der Szene - in Österreich gibt es laut Habel insgesamt etwa 200 startfähige Pferde (zum Vergleich: in Tschechien sollen es um die 2200 sein) - führt aber weiter zu Wadelbeißereien. Wirklich schlau, so Habel, sei das von keiner Seite: "So wie es derzeit läuft, können weder Ebreichsdorf noch die Freudenau überleben - sinnvolle Kooperationen könnten beiden das Überleben sichern."

Da dieser Rösselsprung über eigene Schatten (auch dank viel zerschlagenen Porzellans) kurzfristig kaum zu erwarten ist, denkt man bei der IRM - schon lange - über andere Projekte nach: unter dem Arbeitstitel "Die Gärten der Wiener" sollen bis 2005 Pläne für einen pferde-, society- und sportbezogenen Themenpark (Schwerpunkte: Reiten, Wellness, Gastronomie) auf dem großteils unter Denkmal- und Landschaftsschutz stehenden Hundert-Hektar-Areal entstehen. Mit der Konzeption wurde der Architekt Boris Podrecca beauftragt (siehe "Gärten der Wiener" liegen brach ). "Einfach", sagt Habel, "wird das nicht - aber mit Pferderennen allein kann in Österreich keine Rennbahn überleben." (Thomas Rottenberg, STANDARD PRINTAUSGABE 8.6. 2004)