Bukarest - Bei den Kommunalwahlen vom vergangenen Sonntag
haben die regierenden Sozialdemokraten in Rumänien landesweit die
Mehrheit der Stimmen erhalten. Jedoch schnitt die Opposition
insbesondere in den Großtädten sehr gut ab, was das Rennen für die
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im November sehr spannend
macht. In der Hauptstadt Bukarest erlitten die Vertreter der
Sozial-Demokratischen Partei (PSD) eine herbe Niederlage vor den
Kandidaten des Oppositionsbündnisses aus der National-Liberalen und
Demokratischen Partei (PNL-PD). Die am Montagabend bekannt gewordenen Teilergebnisse - nach
Auszählung der Hälfte der abgegebenen Stimmen - zeigen, dass die PSD
33,5% der abgegebenen Stimmen erhalten hat, gefolgt von der
National-Liberalen PNL 17,1%, der Demokratischen Partei 13,8%, der
Partei Großrumänien PRM 7,7%, und dem Ungarnverband 6,9%. In vielen
Ortschaften wird sich der Kampf um das Bürgermeisteramt erst in dem
zweiten Wahlgang, am 22. Juni, entscheiden. In den meisten Fällen
treten dabei die Kandidaten der PSD gegen die der PNL-PD auf.
Stimmungstest
Die Ergebnisse der Kommunalwahlen dienen als Stimmungstest für die
Parlaments- und Parlamentswahlen im Herbst. Ihnen kommt eine große
Bedeutung zu, da sie den politischen Rahmen für die Ausführung des
Wahlkampfes und die Vorbereitung der Wahlen bieten werden. Obwohl
sich die Führung der Sozial-Demokratischen Partei beeilt hat, den
Wahlsieg zu begrüßen, ist die Stimmung in der Regierungspartei alles
andere als euphorisch. Zusammen kommen die Oppositionsparteien PNL
und die PD - die bei den Kommunalwahlen in vielen Ortschaften
getrennt in den Kampf gegangen sind, bei den Parlamentswahlen jedoch
als Bündnis auftreten werden -, auf ca. 30% der Stimmen, also
ziemlich knapp hinter den 33% der PSD.
Schock
Als ein Schock für die PSD kamen die Ergebnisse in Bukarest,
obwohl die Hauptstadt schon traditionsgemäß eine Hochburg der
Opposition gegen die Nachfolgerpartei der Kommunisten ist. Diesmal
konnte sich aber der amtierende Bürgermeister, Traian Basescu, der
als Kandidat des Bündnisses PNL-PD auftrat, mit 54% schon in dem
ersten Wahlgang gegen seinen Gegner, Außenminister Mircea Geoana,
behaupten.
Entgegen den Ergebnissen der Meinungsumfragen, konnte PNL-PD auch
den Stadtrat und die Bezirksräte für sich gewinnen, und in den fünf
Bezirken wo ein zweiter Wahlgang stattfinden wird zeichnen sich auch
Siege der Oppositionskandidaten ab.
Unzufriedenheit
Insbesondere in Bukarest und in den Städten war der Wahlkampf sehr
politisiert und mehr auf die Partei als auf die Personen bezogen.
Deshalb gilt das gute Abschneiden der Opposition als ein Zeichen für
die Unzufriedenheit der Wähler nach vier Jahren, in denen die
alleinregierende PSD Kritikern zufolge die Tendenz gezeigt habe, sich
zu einer "Staatspartei" zu entwickeln, die alles unter Kontrolle hat
und keine Opposition duldet.
Es ist also zu erwarten, dass die Rumänen einen "heißen Sommer"
erleben werden und der Wahlkampf in den folgenden Monaten ohne
Boxhandschuhe ausgefochten wird. Premierminister Adrian Nastase hat
schon seine Ansprache am Sonntag abend mit großzügigen
Wahlversprechen, wie die Erhöhung der Renten oder die Verdoppelung
des Durchschnittslohnes in den nächsten Jahren, gespickt. Inwieweit
solche Versprechen eingehalten werden können, ist jedoch offen,
insbesondere da das Land gleichzeitig unter Druck seitens der EU
steht, die wirtschaftlichen Reformen zu beschleunigen.
EU
Rumänien ist bekanntlich bemüht, alle Verhandlungskapitel mit der
Europäischen Kommission noch in diesem Jahr abzuschließen, um der EU
im Jahr 2007 beitreten zu können. Mit Spannung wird auch der
Landesbericht der Kommission im Oktober erwartet, der feststellen
wird, ob Rumänien eine funktionierende Marktwirtschaft ist oder
nicht. Viele Kommentatoren befürchten jedoch, dass angesichts des
harten Wahlkampfes, der sich abzeichnet, die Regierungspartei einmal
mehr die langfristigen Interessen des Landes den eigenen Interessen
des Machterhalts opfern wird. (APA)