Wien - ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis weist die Vorwürfe von Postgewerkschaftschef Gerhard Fritz zurück, wonach er, Michaelis, "wider besseren Wissens" die Post als "Sanierungsfall und Zuschussbetrieb" darstelle, um die Verkaufspläne voranzutreiben. In dem Schreiben an die Gewerkschaft meint Michaelis, er wolle die Post "keineswegs schlecht reden, sondern ganz im Gegenteil frühzeitig versuchen die richtigen Schritte einzuleiten", damit die Post die derzeit erzielten Erfolge fortsetzen könne.

Ergebnislücke ist "Schätzung"

Die zitierte Ergebnislücke sei "eine Schätzung der Post AG bezüglich der Auswirkungen, die die Faktorkostensteigerungen (Lohn- und Materialkosten) sowie die Umsatzrückgänge in den Jahren 2005 bis 2007 auf das Ergebnis der Post AG haben werden, sofern keine entsprechenden Gegenmaßnahmen ergriffen werden". In der von der Gewerkschaft zitierten Mittelfristplanung seien Gegenmaßnahmen bereits berücksichtigt. Dennoch sei "allen klar, dass es (für die Post, Anm.) von Jahr zu Jahr schwieriger wird, die notwendigen signifikanten Anpassungen der Kostenstruktur durchzuführen, da viele Rationalisierungspotenziale bereits in der Vergangenheit ausgeschöpft worden sind", heißt es in dem Schreiben von Michaelis.

Dennoch prüft der Post-Vorstand laut früheren Angaben der ÖIAG derzeit noch beide Varianten - einen Alleingang und einen Teilverkauf an einen größeren Konkurrenten. Einen Abschluss der Prüfung hat Michaelis zuletzt für Anfang Juli in Aussicht gestellt. In seinem Brief heißt es nun jedoch, dass sich der Aufsichtsrat erst Anfang September mit "möglichen Vorteilen einer strategischen Partnerschaft" befassen wird.

Bei der ÖIAG-Aufsichtsratssitzung nächste Woche soll der Post-Verkauf - zumindest laut Tagesordnung - kein Thema sein. Der Post-Vorstand wird aber "turnusmäßig" über den Geschäftsverlauf zu berichten haben und damit zumindest anwesend sein.

Gewerkschaft: "Partner nur für Auslandsgeschäft"

Die Post-Gewerkschaft kann sich einen Einstieg eines strategischen Partners nur im Auslandsgeschäft vorstellen. Die Post habe Teile ihres Südosteuropa-Geschäfts in Kroatien, Slowenien und der Slowakei bereits im Vorjahr in eine Auslandsholding ausgelagert. "Wenn man da Kooperationspartner braucht, muss man daher nicht die Mutter verkaufen", meinte Post-Gewerkschaftschef Gerhard Fritz am Dienstag weiter bei einer Pressekonferenz.

Im Österreich-Geschäft sieht Fritz keinen Bedarf für strategische Partnerschaften. "Wenn ein Partner kommt, der uns einen Gewinnsprung bescheren würde, werden wir nicht 'Nein' sagen. Einen solchen Partner sehen wir aber in ganz Europa nicht", meint er. Bei der Zustellung habe die Österreichische Post AG im jüngsten internationalen Qualitätsracking nach der Schweiz und Luxemburg den dritten Platz erreicht. Potenzielle Interessenten - vor allem die Deutsche Post - seien weit abgeschlagen. Außerdem habe die Österreichische Post mit dem modernsten Zustellzentrum Europas auch einen Know-How-Vorsprung.

Keine Angst vor Mitbewerbern

Zunehmenden Wettbewerbsdruck durch die weitere Liberalisierung fürchtet die Gewerkschaft nicht. "Um der Post wirklich Konkurrenz zu machen, müsste ein Mitbewerber mehrere hundert Mio. Euro investieren - und das würde sich erst bei einem Markanteil von etwa 40 Prozent rentieren", meint die Gewerkschaft. Die Post sei erfolgreich restrukturiert worden, die Best-Case-Szenarien seien im ersten Quartal um 63 Prozent übertroffen worden. (APA)