Wien - Die Arbeiterkammer (AK) fordert von der österreichischen Regierung stärkere Anstrengungen, die Ziele von Lissabon zu erreichen. Der so genannte Lissabon-Prozess soll die EU bis 2010 zum "wettbewerbsstärksten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" machen. Eines der Hauptziele ist es, bis 2010 eine EU-Gesamtbeschäftigungsquote von 70 Prozent und eine Frauenbeschäftigungsquote von 60 Prozent zu erreichen.

Nachholbedarf

Doch "Österreich hinkt seinen Zielen massiv hinterher", kritisierte AK-Präsident Herbert Tumpel am Dienstag anlässlich einer Pressekonferenz in Wien. Den größten Nachholbedarf ortet Tumpel auf dem - angespannten - österreichischen Arbeitsmarkt. "Österreich muss mindestens 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, damit sich das generelle EU-Ziel ausgeht", rechnete er vor. Von Österreich allein erwartet die EU-Kommission bis 2010 eine Gesamtbeschäftigungsquote von 73,2 Prozent und eine Frauenbeschäftigung von 66,8 Prozent. Derzeit hält man erst bei 69,2 (Gesamtbeschäftigung) bzw. bei 62,8 Prozent (Frauen).

Mit dem Aufholen geht es aber nur schleppend voran; laut einer Wifo-Studie ist die Beschäftigung (auf Vollzeitbasis) seit dem Jahr 2000 sogar gesunken. Tumpel: "Ich sehe derzeit keine Bemühungen der Regierung, die Beschäftigungsziele rechtzeitig zu erreichen."

Mehr Geld vom Staat

Als Voraussetzung dafür fordert die AK in erster Linie "mehr öffentliche Investitionen": mehr Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik, Forschung und Entwicklung. Außerdem auf dem AK-Wunschzettel: 100 Mio. Euro für die Weiterbildung von Arbeitnehmern sowie noch einmal so viel für ein "Zukunftspaket für die Jungen", mit dem Schulplätze finanziert werden können. Woher das Geld kommen soll? "Aus dem Budget", so der AK-Präsident kurz.

Ein ganz besonderes Anliegen ist der AK die Verbesserung der Kinderbetreuungsangebote, die für höhere Frauenerwerbsquoten unabdingbar sind. Der Mangel in diesem Bereich ist laut Tumpel schlicht "eklatant". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.06.2004)