Jerusalem - Schon in zwei Monaten könnten die ersten jüdischen Siedler den Gazastreifen verlassen, und Ende September 2005, also drei Monate vor dem Termin, zu dem Premier Ariel Sharon sich verpflichtet hat, soll Israels Rückzug abgeschlossen sein. So sieht es der erste Entwurf eines Zeitplans vor, der an die betroffenen Ministerien als Arbeitsgrundlage verteilt und gestern publik gemacht wurde.

Das überraschend hohe Tempo könnte die schwankende "National-Religiöse Partei" dazu veranlassen, aus der Koalition auszusteigen, sodass Sharon noch dringender als bisher auf ein Bündnis mit der Arbeiterpartei angewiesen wäre. Die Rückzugsgegner in Sharons Likud fühlten sich überrumpelt und sprachen empört von einem "Betrug", weil ohne formalen Kabinettsbeschluss über die Räumung von Siedlungen die wirtschaftliche Not mancher Gaza-Siedler "ausgenützt" werde, um sie zum Weggang zu bewegen.

"Vorschuss" sofort

Schon ab August sollen Siedler Geld für den Umzug in Anspruch nehmen können, heißt es in dem Dokument. Die Summen wären laut Finanzminister Benjamin Netanyahu als "Vorschuss" gedacht, bis ausgetüftelt wird, in welcher Höhe etwa ein Wohnhaus oder eine Betriebsumsiedlung abgegolten wird. Bis Ende 2004 sollen dann die gesetzlichen Grundlagen für die Entschädigungen stehen. Danach läuft bis Ende August 2005 die Frist für jene Siedler, die einvernehmlich wegziehen wollen.

Für einen Teil von ihnen könnten innerhalb Israels neue Ortschaften gebaut und Betriebe errichtet werden. In den ersten zwei Septemberwochen 2005 soll es schließlich hart auf hart gehen - die jüdischen Siedlungszonen werden militärisches Sperrgebiet, die verbleibenden Siedler werden durch die Armee gewaltsam abgeschoben und könnten auch nicht mehr mit irgendwelchen Kompensationen für ihr Hab und Gut rechnen. Der Abzug der Soldaten soll am 30. September 2005 abgeschlossen sein. (DER STANDARD, Printausgabe 11.6.2004)