Die Landtagswahl in Thüringen

Grafik: Der Standard
Nicht nur die Europawahl steht am Sonntag in Deutschland an, sondern auch die Landtagswahl in Thüringen und Kommunalwahlen in sechs Bundesländern. In Erfurt könnte eine schwarz-grüne Landesregierung herauskommen.

* * *

Im Windschatten der Europawahl werden in Thüringen wichtige Weichen gestellt: Für die CDU geht es in diesem ostdeutschen Bundesland um den Machterhalt, weshalb sich auch die Parteivorsitzende Angela Merkel im Wahlkampf stark engagiert hat. Denn falls die CDU in Thüringen ihre vor fünf Jahren errungene absolute Mehrheit einbüßt, kann ihr trotz des sicheren ersten Platzes sogar der Gang in die Opposition drohen. Denn die SPD könnte gemeinsam mit den Grünen oder der PDS - oder durch eine Ampelkoalition - die CDU aus der Regierung verdrängen.

Die Unsicherheit, ob das Verteidigen der absoluten Mehrheit gelingt, hat auch unter Christdemokraten eine Debatte über eine Koalition mit den Grünen ausgelöst. Eine schwarz-grüne Koalition wäre auf Landesebene ein Novum in Deutschland, wenngleich auf kommunaler Ebene wie in Köln diese Form der Zusammenarbeit schon länger praktiziert wird.

Liebäugeln

Ministerpräsident Dieter Althaus liebäugelt durchaus mit dieser Möglichkeit. Denn dies würde dem bisher bundesweit nahezu unbekannten Ministerpräsidenten, der erst vor einem Jahr den populären Bernhard Vogel als Regierungschef in Erfurt abgelöst hat, schlagartig bundesweite Aufmerksamkeit und Medienpräsenz bescheren.

Für die Grünen läge der Vorteil eines solchen Bündnisses darin, dass sie nicht mehr alleine auf eine Partnerschaft mit der SPD jenseits der Kommunalebene beschränkt ist. Denn die SPD hat mit der FDP - wie in Rheinland-Pfalz praktiziert - einen weiteren potenziellen Koalitionspartner. Deshalb werden Überlegungen für ein schwarz-grünes Bündnis in Thüringen von der Grünen-Spitze in Berlin begrüßt. "Wir werden uns Gesprächen nicht verweigern, aber wir sind kein billiger Jakob", sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer.

Schwarz-grüner Probegalopp

Ostdeutschland wird von Strategen aller Parteien für einen schwarz-grünen Probegalopp als einfacheres Experimentierfeld angesehen, da die ideologische Fixierung der Repräsentanten nicht in dem Maße wie im Westen der Republik gegeben ist. Politiker im Osten agieren in der Regel viel pragmatischer, weshalb auch Bündnisse von CDU und Postkommunisten auf lokaler Ebene keine Seltenheit sind.

Allerdings müssen die Grünen erst einmal den Sprung über die Fünfprozenthürde für den Einzug in den Landtag schaffen, was ihnen laut Umfragen gelingen dürfte. Die Chancen der FDP, ins Landesparlament zu kommen, stehen demnach eher schlecht.

Latte hängt niedrig

Für die SPD hängt die Latte angesichts des Wahlergebnisses von 1999 mit 18,5 Prozent niedrig. Die SPD könnte sich auch in eine große Koalition mit der CDU begegeben. Ihr Spitzenkandidat Christoph Matschie gilt wie Althaus in der CDU als junger Hoffnungsträger der Partei. Das Verhindern einer absoluten Mehrheit für die CDU in Thüringen wäre für die SPD auch deshalb ein Erfolg, weil damit die Mehrheit von CDU/CSU im Bundesrat schmelzen würde. Dies wäre für die SPD wenigstens ein Erfolgserlebnis.

Ansonsten muss sich die SPD auf weniger gute Ergebnisse an diesem "Superwahlsonntag" einstellen. Vor allem bei der Europawahl, die von der Opposition zur bundesweiten Abstimmung über die Arbeit der rot-grünen Regierung hochstilisiert wurde, dürfte es Stimmeneinbußen für die Sozialdemokraten geben. Auch bei den Kommunalwahlen in sechs Bundesländern - die nur bedingt als Stimmungstest für Berlin taugen, aber stets als solcher angesehen werden - muss die SPD mit Einbrüchen rechnen. Heuer stehen dann noch fünf Wahlen in Deutschland an. (DER STANDARD, Printausgabe 11.6.2004)