Nur drei Monate nach den Gemeinderatswahlen verliert die Salzburger Stadt-VP einen ihrer elf Gemeinderäte. Ernst Flatscher will künftig als "wilder" Mandatar weitermachen - was das politische Leben von Bürgermeister Heinz Schaden (SP) noch erleichtert.

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Salzburg - Die ohnehin vom politischen Glück nicht gerade verfolgte Stadtorganisation der Salzburger Volkspartei taumelt angeschlagen von Krise zu Krise. Nur rund drei Monate nach den Gemeinderatswahlen am 7. März ist den Schwarzen bereits einer ihrer elf Gemeinderäte abgesprungen: Ernst Flatscher will die kommenden fünf Jahre als "wilder" Mandatar weiterarbeiten. Dissident Flatscher begründet seinen Schritt mit einer von ihm georteten Orientierungs- und Konzeptlosigkeit der von Vizebürgermeister Karl Gollegger geführten Stadtpartei.

In den lokalen Medien wird bereits heftig spekuliert, wie viele Mandatare Flatschers Beispiel noch folgen könnten. Es wird sogar über eine eigene VP-Dissidentenfraktion gemunkelt.

Viele Grünwähler

Die Dauerkrise der Stadt-VP beruht auf einem strategischen Dilemma: Die an der Salzach traditionell starke Bürgerliste konnte und kann große Teile der bürgerlich-urbanen Wählerschaft dauerhaft an sich binden. Der Grün-Stammwähleranteil wird in Salzburg auf etwa zwölf Prozent geschätzt.

Trotzdem gelang es der ÖVP, mithilfe der inzwischen von der politischen Bildfläche verschwundenen SP-Abspaltung "Demokratie 92" von 1992 bis 1999 den Bürgermeister zu stellen. Akut wurden die Probleme dann 1998. Statt auf den Amtsbonus des Stadtoberhauptes zu setzen, ließ Exlandesparteiobmann Franz Schausberger Bürgermeister Josef Dechant durch den unbekannten Gollegger als Spitzenkandidat ersetzen. Auch die gesamte Gemeinderatsmannschaft wurde ausgetauscht. Gollegger hatte dann bei den Wahlen 1999 gegen den populären SP-Stadtvize Heinz Schaden nicht die geringste Chance.

Vor den Wahlen 2004 der nächste Schnitzer: Schausberger und Gollegger verordneten der Partei ein Vorzugsstimmenmodell. Die Folge: Zahlreiche profilierte Gemeinderäte traten erst gar nicht mehr an. Und: Klubchefin Judith Floimair verzichtete aus persönlichen Gründen auf eine Wiederkandidatur.

Nach den verlorenen Wahlen diesen März kam es dann auch noch zu einem auf offener Bühne ausgetragenen Gerangel um Posten und damit um höhere Bezüge, die beispielsweise mit einem Ausschussvorsitz im Gemeinderat verbunden sind. Kulturexpertin Elisabeth Promegger musste zugunsten der kulturpolitisch bisher nicht in Erscheinung getretenen Susanne Seyr auf den Vorsitz im Kulturausschuss verzichten. Auch Flatscher ging bei der Postenvergabe leer aus.

Schaden profitiert

Für Bürgermeister Heinz Schaden macht Flatschers Austritt aus der VP-Fraktion das politische Leben noch bequemer. Schaden, dessen Fraktion mit 19 von 40 Sitzen im Stadtparlament an der Grenze der absoluten Mehrheit steht, kann taktieren und neben Volkspartei (zehn), Bürgerliste (sechs) und Freiheitlichen (vier Mandate) auch auf Gemeinderat Ernst Flatscher als potenziellen Mehrheitsbringer hoffen. (DER STANDARD, Printausgabe 11.6.2004)