Der kürzlich verstorbene Peter Ustinov bezeichnete sich selbst als "eine Promenadenmischung mit einem hoffnungslosen Stammbaum". Zwar besaß Ustinov viele Eigenschaften eines Briten, dass er aber 1921 als Sohn eines deutschen Journalisten russischer Herkunft und einer französischen Maskenbildnerin, deren Stammbaum sich bis nach Äthiopien erstreckt, ausgerechnet in London zur Welt kam, ergab sich durch Zufall und die Wirren der Zeit. Früh schon lernte er, sich anzupassen und mit Vorurteilen umzugehen. Wahrscheinlich war es auch dieser Fremdlings- und in gewissem Maße auch Außenseiterblick, der Ustinov zum scharfen Beobachter und überzeugten Weltbürger machte und es ihm - weil er sich in vieles hineinversetzen konnte - erlaubte, seine Filmrollen als unvergessliche, komische, verzweifelte, traurige Charakterporträts zu gestalten.

"Das Vorurteil ist nach Jahrhunderten im Untergrund als Maulwurf in unserer Mitte identifiziert worden. Es ist . . . einer der großen Schurken in der Besetzungsliste der Geschichte. Es ist verantwortlich für die Missverständnisse zwischen Nationen und Religionen, die anders sind als die eigene, und es benutzt blanke Unkenntnis als Waffe", schrieb Ustinov einmal. Auf seine Anregung und unter persönlicher Mitwirkung Ustinovs wurde am 11. August 2003 in Wien das "Sir Peter Ustinov Institut zur Erforschung und Bekämpfung von Vorurteilen" gegründet. Alljährlich wird eine Gastprofessur mit herausragenden Persönlichkeiten besetzt, die sich in Forschung und Lehre mit Vorurteilen befasst haben. Zudem soll die Homepage für all jene, die am Thema interessiert sind, zur Anlaufstelle werden. Eine äußerst interessante virtuelle Fachbibliothek ist im Aufbau begriffen, ein Handbuch über Vorurteile, in dem das Wirken von Vorurteilen unter dem Blickwinkel verschiedener Disziplinen und unter Heranziehung praktischer Beispiele beschrieben wird, ist in Planung.

Finanziert wird das Institut von der Stadt Wien, zuletzt hat die Voestalpine sich grundsätzlich bereit erklärt, zum weiteren Ausbau des Instituts einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Dass dieses Institut seinen Sitz gerade in Wien hat, ist erfreulich, Österreich, das auch als Ort der Verdrängung in den Geschichtsbüchern steht, ist ein guter Ort dafür. (steg/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13. 6. 2004)