Arlon - Das Urteil gegen den mutmaßlichen Kindermörder
Marc Dutroux fällen zwölf Geschworene. Nach belgischem Recht hat die
Jury dabei noch weitergehende Rechte als etwa in den USA. Die zwölf
Geschworenen entscheiden allein über die Schuld des Angeklagten.
Danach verhängen sie gemeinsam mit den Berufsrichtern das Strafmaß.
Das Urteil kann nicht widerrufen werden, das heißt, eine
Verurteilung von Dutroux ist endgültig. Damit die Jury durch nichts
und niemanden beeinflusst werden kann, wird sie in eine Kaserne nahe
Arlon gebracht und durch zwei Wachtrupps streng von der Außenwelt
abgeschirmt.
Aufgabe der Geschworenen ist es, rund 250 Fragen zur Schuld mit
"Ja" oder "Nein" zu beantworten. Eine Möglichkeit zur Enthaltung gibt
es nicht. Die 250 Fragen betreffen die einzelnen Punkte der Anklage
und die insgesamt vier Angeklagten. Neben Dutroux sind dies seine
Ex-Frau Michelle Martin und die mutmaßlichen Komplizen Michel
Lelièvre und Michel Nihoul. Einen globales "Schuldig" oder "Nicht
Schuldig" gibt es damit nicht.
Gleichstand ist Freispruch
Um einen Angeklagten in einem bestimmten Punkt für schuldig zu
erklären, muss bei der Abstimmung der Jury eine Mehrheit von acht zu
vier Stimmen erreicht werden. Ein Gleichstand der Stimmen (sechs zu
sechs) entspricht einem Freispruch. Bei einer Mehrheit von sieben zu
fünf Stimmen müssen die drei Berufsrichter den Schuldspruch in dem
betreffenden Punkt bestätigen.
Die Beratungen über den Schuldspruch können mehrere Tage in
Anspruch nehmen. Ist dieser verkündet, was Mitte der kommenden Woche
erwartet wird, halten Staatsanwaltschaft und Verteidigung erneut
Plädoyers - diesmal für das Strafmaß. Die Höhe der Strafe für die
vier Angeklagten legen die Geschworenen anschließend gemeinsam mit
den drei Richtern fest. Diese Entscheidung muss mit absoluter
Stimmenmehrheit getroffen werden. Die Verkündung des Strafmaßes wird
in der Woche ab dem 21. Juni erwartet. Dutroux droht eine lebenslange
Freiheitsstrafe. (APA)