Zum ersten Mal nahmen mit Staaten wie Polen, Ungarn und den baltischen Ländern neue EU-Mitglieder aus dem ehemaligen Machtbereich der Sowjetunion an EP-Wahlen teil. Um die 732 zu vergebenden Sitze bewarben sich 14.700 Kandidaten. Erste EU-weite Wahlergebnisse wurden gegen 22.45 Uhr erwartet.
Geringe Beteiligung
Die Abstimmung wurde von vielen Bürgern eher als ein Votum über die nationalen Regierungen betrachtet denn als Ausdruck eines europäischen Standpunktes. Vorläufige Ergebnisse und Hochrechnungen zeigten, dass die Wähler ihre jeweilige Regierung teils drastisch abstraften und Oppositionskräfte unterstützten. Wie in den Wahlgängen zuvor wurde mit einer geringen Beteiligung der insgesamt fast 349 Millionen Wahlberechtigten gerechnet.
Umfragen zufolge dürfte im neuen Parlament wie bisher die Europäische Volkspartei (EVP) die größte Fraktion bilden, gefolgt von den Sozialdemokraten (SPE). Zudem wird erwartet, dass ultra-rechte, nationalistische und EU-skeptische Parteien von Ängsten vor Einwanderung und einem europäischen Superstaat profitieren. Eine niedrige Wahlbeteiligung wird nach Ansicht von Experten deren Zugewinne noch verstärken.
Denkzettel
Laut Prognosen zeichnete sich in zahlreichen Ländern ein "Denkzettel" der Wähler für die Regierenden ab. In Tschechien lag laut Prognosen die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS) vorne. Die stärkste Partei der tschechischen Regierung, die Sozialdemokraten (CSSD) von Ministerpräsident Vladimir Spidla, rangiert mit rund elf Prozent (drei Sitze) an dritter Stelle.
In Lettland kommen die von Premier Indulis Emsis geführten Grünen und Landwirte (ZZS) in den Prognosen gar nur auf Platz vier. Sie erhielten sechs Prozent Stimmenanteil. Die siegreiche Vaterlands- und Freiheitspartei erhielt 29 Prozent.
Deutschland
In Deutschland, wo rund 61,6 Millionen Deutsche und zwei Millionen EU-Bürger stimmberechtigt waren, lief die Wahl ersten Trends zufolge schleppend an. Umfragen sahen die Unionsparteien in der Nähe ihres Ergebnisses von 1999 (48,7 Prozent), die SPD unter 30 (1999: 30,7), die Grünen bei rund zehn (6,4) und die FDP bei fünf Prozent (3,0 Prozent).
Großbritannien
In Großbritannien sollen die Ergebnisse der Europawahl erst in der Nacht zum Montag bekannt gegeben werden. Bei den am Donnerstag zeitgleich abgehaltenen Kommunalwahlen in Teilen von England und Wales erlitt die Labour-Partei von Premierminister Tony Blair herbe Verluste und wurde nur noch drittstärkste Kraft nach den Konservativen und den Liberaldemokraten.
Italien
In Italien dürfte laut Umfragen die Partei Forza Italia von Ministerpräsident Silvio Berlusconi Stimmenverluste erleiden. Diesmal ist eine Rekordzahl von 50 Millionen Italienern stimmberechtigt, da erstmals auch drei Million Auslandsitaliener teilnehmen dürfen.
Polen
In Polen gingen die Meinungsforschungsinstitute von einer Wahlbeteiligung von maximal 30 Prozent aus. Umfragen sagte eine Niederlage der Regierung und einen Sieg der oppositionellen Bürgerplattform (PO) mit rund 30 Prozent voraus. Die populistische Bauernpartei Samoobrona kann mit rund 18 Prozent der Stimmen rechnen.
Niederlande