Wer etwas über die heimlichen (und unheimlichen) Leidenschaften der Österreicher erfahren möchte, der betrachte nur die Statistiken über die Mobiltelefonie. Seit über einem Jahrzehnt sind Handys der Österreicher liebstes Spielzeug, 16 Millionen Handys wurden insgesamt verkauft. Das bedeutet, dass jeder Österreicher, vom Baby bis zum Uropa, wenigstens zwei Handys sein Eigen nennt. Das bedeutet aber auch, dass ziemlich wahrscheinlich eines davon zu Hause lagert - weil es vermutlich schon ziemlich betagt ist für ein elektronisches Gerät. Wer nun glaubt, die Österreicher trennten sich von ihren alten Handys, wie sie etwa auch routiniert (und hoffentlich ökologisch korrekt) ihre alten TV-Geräte recyceln, der irrt. "Die Leute halten ihre Handys offenbar für so etwas wie einen Wertgegenstand", sagt Hans Häuslmayer vom Kompetenzzentrum für Elektro(nik)altgeräte-Recycling (KERP) in Wien. Nur wenige Tausend Handys werden pro Jahr zurückgegeben - "eine ziemliche Verschwendung an wertvollen Materialien", wie die Altstoffexperten von KERP bedauern. Nicht dass es sich um riesige Mengen handeln würde. Alle Althandys zusammengenommen, würden nur knapp einen Raum von vier mal vier mal vier Metern füllen.

Was das Kompetenzzentrum tut, heißt in der Fachsprache "nachhaltiges End-of-Life-Management". Und im Moment tun es die Experten mit T-Mobile Austria. Österreichweit können Althandys in den T-Mobile Shops kostenlos zurückgegeben werden, und gemeinsam mit dem Umweltdienst Burgenland sorgt das KERP für die fachgerechte Verwertung der Handys.

Rohstofflager Handy Eine durchaus wesentliche Menge an Kupfer, Aluminium und auch Spurenelemente von Gold pro Jahr wären daraus schon zu gewinnen, und auch die Leiterplatten und die SIM-Cards können wieder verwertet werden. Die Metall-und Kunststoffbauteile sind eine wichtige Grundlage für die Herstellung neuer Handys. Laut der EU-Altgeräterichtlinie vom 13. Februar 2003 zählen Handys zu den Problemstoffen, die nicht einfach auf den Müll geworfen werden dürfen. Sie enthalten unter anderem Schadstoffe wie Arsen, Cadmium, Kupfer, Blei, Nickel, Zink und Quecksilber. Panik ist freilich unbegründet: Wer das Handy daheim trocken und sicher im Nachtkästchen aufbewahrt, muss keine Angst vor plötzlicher Vergiftung haben. Dennoch: Entsorgen sollte man schon. Es kann schließlich nicht schaden, wenn Flüssigkristalldisplays oder Akkus ordnungsgemäß entsorgt und wieder verwertet werden. Das KERP führt sein Projekt mit T-Mobile noch bis Sommer weiter, dann sollen die Ergebnisse wissenschaftlich aufbereitet werden. "Uns ist wichtig zu wissen, wo die Handys letztendlich landen", sagt T-Mobile-Geschäftsführer Georg Pölzl. Denn selbst das Spenden von Althandys für einen guten Zweck kann, rein ökologisch, bedenklich sein: "Die alten Mobiltelefone erhalten einen neuen Akku und werden danach in Dritte-Welt-Länder verfrachtet. Dort funktionieren sie dann vielleicht noch drei Monate oder ein halbes Jahr, und dann landen sie erst auf dem Müll", sagt Häuslmayer. Freilich ist das dann nicht der Sondermüll. Auch aus diesem Grund will das KERP auch andere Handybetreiber für ähnliche Recyclingaktionen gewinnen. Häuslmayer: "Wir sind für alle und alles offen." Er kann gleich bei sich selbst beginnen: Der KERP-Sprecher hat, wie er etwas verschämt zugibt, "selbst noch fünf Handys daheim". (Petra Stuiber/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 6. 2004)