Die Herren Stickler und Ludwig.

Wien - Vier Jahre vor dem Anpfiff zur 13. Fußball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz bzw. wenige Tage nach Beginn der Euro 2004 in Portugal stellte sich der rot-weiß-rote Turnier-Direktor Alfred Ludwig einem APA-Interview. Der Wiener, der am 26. Juli seinen 54. Geburtstag feiert, nahm dabei über den Stand der Vorbereitungen, seine Studienreise nach Portugal, seine Hoffnungen, aber auch seine Sorgen Stellung.

APA: In Portugal wird seit Samstag um den EM-Titel gespielt. Wie sieht die aktuelle Situation unseres Countdowns für 2008 aus? LUDWIG: Wir arbeiten derzeit an rechtlichen Grundlagen, das heißt den vertraglichen Situationen zwischen den vier Stadien, der UEFA und dem ÖFB, und bereiten die Rechtssituation der Firmen-Gründung zwischen ÖFB, Schweiz und UEFA vor. Auf einer anderer Ebene läuft die Anlegung des Sicherheitskonzepts. Und mein Mitarbeiter Christian Schmözler sichtet alle Hotels, die für UEFA, Teams und Medien in Frage kommen. Mit der Sichtung der Trainingszentren ist er schon durch.

APA: Wie sieht aus heutiger Sicht Ihre Zwischenbilanz betreffend den Adaptierungen bzw. den Neubau unserer vier EM-Stadien aus? LUDWIG: Das Happel-Stadion wird ab Herbst renoviert, hier läuft es mustergültig. Die UEFA hat alle Wiener Vorkehrungen als absolut perfekt angesehen. In Innsbruck und Salzburg hat die UEFA gerade Einsicht genommen in die Raumplanungen der Erweiterungen, auch sie sind auf Schiene. Aus Klagenfurt warten wir noch auf das Raumbuch mit den Planungen. Die Stadien müssen bis 30. September 2006 in betriebsbereitem Zustand sein.

APA: EM-Partner Schweiz hat wegen Anrainer-Protesten mit dem Zürcher Stadion-Neubau Probleme. Die zuständige Stadträtin meint, es bedürfe eines Wunders, damit der Bau zu Stande kommt. Wie schätzen Sie die Lage ein, ist die EM dadurch gefährdet? LUDWIG: Es gibt Alternativen des Schweizer Verbandes, die nun intern diskutiert werden. Wir sind hochinteressierter Zaungast und können nur hoffen, dass die Schweizer ihre Hausaufgaben machen. Ansonsten müssen wir der UEFA ein anderes Konzept vorlegen und sie müsste dann entscheiden. Dass die EM 2008 nicht in der Schweiz und Österreich stattfinden, kann ich mir nicht vorstellen.

APA: Portugal und der ganze Kontinent stehen seit Samstag im Fußball-EM-Bann. Welchen Stellenwert hat das weltweit drittgrößte Sportereignis 2008 für und in Österreich? LUDWIG: Die Leute sollen während der Portugal-EM aufmerksam zuschauen, was sich dort abspielt. Die Tatsache, dass Portugal extrem am Rande des Kontinents liegt und trotzdem 700.000 zusätzliche Touristen erwartet, spricht für sich. Die gesamten Investitionen für die Volkswirtschaft und die Umweg-Rentabilität sind gewaltig. Ich gehe sogar davon aus, dass wir vielleicht noch mehr Leute an uns binden, weil wir im Herzen Europas liegen und die teuren Anreisen wie diesmal wegfallen.

APA: Die UEFA rechnet für das zwölfte EM-Turnier in Portugal mit der Rekordeinnahme von 825 Millionen Euro. Liegen schon Schätzungen oder Prognosen vor, was in vier Jahren an Geld fließen wird? LUDWIG: Es kann sie nicht geben, weil der TV-Markt weltweit rückläufig ist. Wenn die Fernseh-Rechte noch nicht vermarktet und verkauft sind, kann man nichts hochrechnen. Was die UEFA erwartet, interessiert uns überhaupt nicht. Mir ist wichtig, dass alle Beteiligten in Österreich ordentlich entschädigt werden und schon zwischen 2005 und 2008 möglichst viele Veranstaltungen in unserem Land stattfinden.

APA: Welches Hauptaugenmerk werden Sie während ihrer vom 23. Juni bis 5. Juli stattfindenden Studienreise nach Portugal legen? LUDWIG: Ganz allein darauf, die Dimensionen abzuschätzen. Österreich - Deutschland am 18.8. oder Österreich - England am 4.9. in Wien ist in etwa vergleichbar mit einem Euro-Gruppenspiel in Portugal. Da habe ich keine Sorge, doch ein EM-Turnier liegt noch eine Kategorie höher. Ich will mir ein Bild machen, was da auf uns zukommt und welche Strukturen es zwischen Portugal und der UEFA gibt. Die WM 2006 in Deutschland wird für unsere operative Umsetzung und auch in der Vorbereitung viel ähnlicher sein als die EM in Portugal.

APA: Drückt Sie in irgendeiner Beziehung im Hinblick auf die EM-Endrunde im eigenen Land der Schuh oder macht Ihnen etwas Sorgen? LUDWIG: Meine Sorge ist nur, dass ich ein bisschen das Gefühl habe, seit wir die Euro haben, ist jeder sehr zufrieden, aber es ist nicht jedem bewusst, was wir haben. Ich glaube durch Portugal wird das Interesse geweckt. Wir sollten ein wenig aufwachen und aggressiver an die EM-Sache herangehen. Ich hoffe, dass das Fußball-Fieber nach Portugal auch wieder unser Land erfasst.(APA)