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Ein indischer Asthmakranker sucht Heilung mittels eines lebendigen Fisches

Foto: Reuters
Wien/Linz - Die so genannte alternative Medizin boomt nach wie vor, Lifestyle-Magazine stellen fast im Monatstakt neue Varianten diverser Heilmethoden vor. Doch Ayurveda, traditionelle chinesische Medizin und Co. können auch eine Gesundheitsgefahr darstellen.

Wie im Fall eines 67-jährigen Oberösterreichers, der jüngst in Linz präsentiert wurde. Im Herbst 2002 wurde von den Ärzten des Krankenhauses der Elisabethinen bei dem Mann eine Blutarmut diagnostiziert. Der Grund: eine schwere Bleivergiftung, deren Herkunft vorerst unklar blieb.

"Ich habe dann nachgeforscht und schließlich die Ursache entdeckt. Der Patient fuhr zweimal im Jahr nach Sri Lanka, um eine Ayurveda-Kur zu machen, und nahm von dort auch Präparate mit", erzählt Dietmar Schiller, Internist bei den Elisabethinen.

Selbst vergiftet

Eine Analyse der Pulver, Pasten und Sirupe ergab, dass die Blei- und Quecksilberkonzentration in ihnen erheblich erhöht war - der 67-Jährige hatte sich unwissentlich selbst vergiftet. Nach dem Absetzen der Präparate besserte sich auch sein Gesundheitszustand langsam wieder.

"In dieser massiven Art gab es das in Österreich bisher noch nicht", beruhigt Harald Stossier, Referent für komplementäre Medizin in der Österreichischen Ärztekammer. Dennoch warnt auch er davor, sich im Ausland mit Heilmitteln aus der Alternativmedizin einzudecken. "Es empfiehlt sich auf alle Fälle in Österreich zu kaufen, da es hier zumindest für Großimporteure Kontrollen gibt." Dennoch fordert Stossier strengere gesetzliche Bestimmungen.

Rechtliche Grauzone

Denn gerade in diesem Bereich gibt es rechtliche Grauzonen, gesteht auch Oskar Wawschinek, Pressesprecher der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). "Grundsätzlich wird zwischen Medikamenten, Lebensmitteln und so genannten Nahrungsergänzungsmitteln unterschieden", berichtet er. Die Produkte der Alternativmedizin sind oft als Letzteres deklariert - wer für ihre Prüfung zuständig ist, ist nicht ganz klar.

"Wir haben im Jahr 2003 insgesamt 100 Nahrungsergänzungsmittel untersucht, zwanzig davon wurden dann als Medikamente eingestuft", resümiert Wawschinek. Bei fünf der 100 Produkte gab es Beanstandungen aus den verschiedensten Gründen. Ayurveda-Produkte waren nicht darunter, sie wurden aber auch nicht extra kontrolliert.

"Für genaue Anamnese fehlt oft die Zeit"

Die meist pflanzlichen Produkte der Alternativmedizin können neben Verschmutzungen mit Giftstoffen aber auch noch ein anderes Risiko bergen, zeigt eine Studie aus den USA. Das kalifornische Gesundheits-Ressort ließ in den 90er-Jahren 260 aus Asien importierte rezeptfreie Präparate analysieren - in einem Drittel der Proben fanden sich zusätzliche Inhaltsstoffe, die nicht deklariert waren. "Wir haben teilweise ein riesengroßes Fragezeichen bezüglich der Zusammensetzung", gibt auch Ärztekammer-Experte Stossier zu.

Alternative Behandlungsmethoden seien aber nicht grundsätzlich abzulehnen, betont Internist Schiller. Probleme können aber entstehen, wenn sie von den Patienten verschwiegen werden. "Der Patient fürchtet sich dann, vom Arzt geschimpft zu werden, weil er sich selbst etwas besorgt hat." Das könne jedoch dazu führen, das die vom Mediziner verschriebene Behandlung nicht oder anders als vorgesehen wirkt - was aber auch bei registrierten Arzneimitteln passieren kann, wenn sie verschwiegen werden. Seinen eigenen Stand nimmt Schiller dabei nicht aus der Schuld: "Das genaue Eingehen auf den Patienten ist auch Teil der Medizin. Für eine genaue Anamnese fehlt aber oft die Zeit." (Michael Möseneder, Der Standard, Printausgabe, 15.06.2004)