In der Nacht des 31. Oktober 1992 beschmierten zwei Männer insgesamt 88 Grabsteine am jüdischen Friedhof in Eisenstadt mit Nazi-Parolen. Einer der Täter wurde bereits zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, der zweite musste sich heute, Dienstag, am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten. Der mittlerweile 33-jährige Christian A. zeigte sich bei der Einvernahme durch Richterin Ingeborg Kristen reuig und geständig.

Gemeinsam mit seinem Schulfreund Wolfgang T. hatte A. die Tat "spontan" geplant und durchgeführt. Auf einem der Grabsteine hinterließen die beiden eine Art Bekennerschreiben, in dem sie die "Kadaverstätten" der "Affen" für "nicht duldbar" bezeichneten und mit "Arischer Gruß an Jörg Haider" schlossen. Die Tat sei für den Angeklagten aus heutiger Sicht "rational sehr schwer zu erklären": "Wir haben damals gedacht: Man sollte irgendwas machen, was Wellen schlägt", so A., der sich selbst als "Mitglied des nationalen Lagers", nicht aber als "Hardcore Nationalsozialist" bezeichnete.

Nazi-Parolen

"SS", "Juden raus", "Sieg heil", "Saujude", Davidsterne und Hakenkreuze hatten A. und T., der seine Haftstrafe mittlerweile abgesessen hat und ebenfalls als Zeuge geladen war, auf 88 Grabsteine gesprüht. Die Zahl 88 (der achte Buchstabe im Alphabet ist das H, und HH steht für "Heil Hitler"), sei jedoch reiner Zufall, beteuerte A. Der Angeklagte wurde auch zur Verbreitung einer Zeitschrift befragt, die er gemeinsam mit T. in den Jahren 1993 und 1994 verfasst hatte. "Darin wurde auf subtile Weise gegen das jüdische Volk gehetzt", warf ihm der Staatsanwalt vor. A. selbst gab an, mit der Verbreitung nichts zu tun gehabt zu haben. Er habe lediglich einen Artikel verfasst und das Druckwerk als rechtlich "knapp an der Grenze" zum Verbotsgesetz beurteilt, da er zu diesem Zeitpunkt Student an der juridischen Fakultät war.

1996 setzte sich A. nach Südafrika ab, wo er als Gelegenheitsarbeiter sein Auskommen fand und ein EDV-Diplom erlangte. Er hätte Angst vor der hohen Gefängnisstrafe gehabt, sich jedoch für die Rückkehr nach Österreich entschieden, weil er "bereit war, für die Sache einzustehen". Zudem bot man dem Verdächtigen freies Geleit. Den durch die Schändung entstandenen Sachschaden von 3.200 Euro (44.000 Schilling) hat A. zur Gänze aus eigener Tasche bezahlt. "Ich will den emotionalen Schaden wieder gutmachen - ich biete auch an, für das jüdische Museum zu arbeiten." (APA)