Wie hat man sich den Protestwähler vorzustellen? Einerseits geht er gar nicht
hin. Das ist ihm alles zu
blöd, er weiß gar nicht, was
das soll mit Europa, er hat
andere Sorgen und außerdem hat sich Europa bei ihm
nicht richtig vorgestellt.
Wenn
dieses Europa etwas von ihm will,
zum Beispiel seine Stimmangabe bei Wahlen für das Europaparlament, dann muss es sich
schon mehr Mühe geben.
Deshalb bleibt man lieber
gleich daheim. Dann gibt es
noch den Protestwähler, der
hat sich schon informiert.
Er
hat in der Krone gelesen,
dass die da draußen (in
Brüssel oder wo) abkassieren. Das tun sowieso alle (sagt die Krone), aber in
Brüssel ist das irgendwie
noch ärger. Sagt Hans-Peter
Martin. Dieser Protestwähler kriegt also einen Zorn,
geht wirklich zur Wahl und
wählt den Hans-Peter Martin (oder in Belgien oder in
Polen oder sonstwo den dortigen
Hans-Peter Martin).
Dieser Protestwähler ist dadurch sogar so etwas wie ein
aktiver Bürger. Allerdings
nur am Wahltag. Er könnte
ja den Rest des Jahres auch
aktiv werden, irgendwo mitmachen, politisch tätig werden, aber das ist nicht so
seins. Er delegiert seinen
Zorn. Früher an Jörg Haider,
jetzt an Hans-Peter Martin.
In Zukunft vielleicht an einen anderen. Aus Protest. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2004)