Wien - "Ich glaube, es war ein Fehler, den Irakkrieg mit der Al-Kaida in Verbindung zu bringen", meint Jeff Gedmin, Chef des Berliner Aspen-Instituts, eines US-Thinktanks, der sich vor allem der Pflege der transatlantischen Beziehungen verpflichtet fühlt. Gedmin, ein Spezialist auf diesem Gebiet, war am Montag in Wien, um über die unterschiedlichen weltpolitischen Sichtweisen der amerikanischen und vieler europäischer Regierungen zu sprechen.

Gedmin räumt dabei - siehe das Al-Kaida-Beispiel - Fehler der Bush-Administration durchaus ein. Umgekehrt glaube er aber auch, dass die Europäer Bush nicht durchwegs fair behandelten. Die an Michael Moore geschulte Sicht, wonach der Präsident ausschließlich aus bösartigen, eigennützigen oder idiotischen Motiven handle, sei absurd. Er, Gedmin, sei sich noch nicht sicher, warum die Deutschen und Franzosen gegen den Irakkrieg waren: Weil sie fürchteten, dass die Amerikaner scheitern würden - oder weil sie fürchteten, dass sie Erfolg haben könnten.

Unfair findet Gedmin auch, wenn das Thema "Massenvernichtungswaffen und Irak" jetzt auf die Message "Bush hat gelogen" reduziert wird. Immerhin hätten auch nicht-amerikanische Geheimdienste Unrichtiges dazu in Umlauf gebracht. Gedmin nennt hier den deutschen BND, von dem die unrichtige Behauptung stammte, dass im Irak mobile Labors für Biowaffen unterwegs seien.

Auch Gedmin ist überzeugt, dass der Abu-Ghraib-Skandal für die USA lange eine schwere Hypothek sein wird. Er müsse in allen Details aufgeklärt werden, auf allen Stufen der Kommandohierarchie. Der Skandal werde leider auch von allem ablenken, was die Amerikaner Positives leisteten. Dass man davon so wenig höre, habe mit der Logik der Medien zu tun, die, nach dem Motto "If it bleeds, it leads" mit Katastrophen mehr Quote machen als mit unspektakulären Bildern von zivilem Fortschritt. Andererseits ortet Gedmin auch Versäumnisse der US-Regierung, die die Budgets für öffentliche Überzeugungsarbeit ("Public Diplomacy") knapp halte. Dass man auch andere von dem überzeugen müsse, was man selbst für notwendig und gerechtfertigt hält, sei eben "nie die Sache von Bush gewesen." (DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2004)